Wenn die Landesregierung auch nur die Hälfte ihrer Reformen umsetzen will, kann sie keine Lehrerstellen streichen, findet die GEW. Sie verlangt eine höhere Wertschätzung für Pädagogen und wehrt sich gegen Einschnitte bei der Altersermäßigung.

Stuttgart - Wenn die Landesregierung es wagen sollte, die Altersermäßigung zu streichen, ist der Ofen aus“. Ob ihre Aussage eine Drohung oder eine Warnung ist, ließ Doro Moritz, die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) offen. Man werde sehen, zu welchen Maßnahmen die Lehrer im Fall des Falles bereit seien. Fest stehe bereits, die Motivation der Lehrer sei kaputt, ihnen fehle die Wertschätzung. Die bildungspolitischen Neuerungen bringen laut Moritz eine Menge Zusatzarbeit für die Pädagogen.

 

Die Kommission für Haushalt und Verwaltungsstruktur der Landesregierung hatte vorgeschlagen, die Altersermäßigung der Lehrer zum Schuljahr 2014/15 zu streichen. Bisher müssen Lehrer ab 58 Jahren eine, ab 60 zwei Wochenstunden weniger unterrichten. Bereits beschlossen ist, die Anrechnungsstunden für Tätigkeiten außerhalb des Unterrichts zu reduzieren. Damit bestrafe die Regierung die engagierten Lehrer, kritisiert Moritz . Was der Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bisher an Wertschätzung geäußert habe, seien „nur warme Worte. Damit kann man den Winter nicht überstehen“.

Ganztagsbetrieb gegen Personalabbau

Wenn die Zahl der Gemeinschaftsschulen weiter steige und an 30 Prozent der Realschulen und der Gymnasien sowie an jeder fünften Grundschule verpflichtender Ganztagsunterricht eingeführt werde, könne man kein Personal abbauen, sagte Moritz. Die Regierung will bereits im neuen Schuljahr mit 1000 Stellen weniger auskommen und bis zum Jahr 2020 insgesamt 11 600 der rund 100 000 Lehrerstellen streichen, weil die Schülerzahlen sinken.

Trotz aller Kritik an den Sparvorhaben setzt Doro Moritz große Hoffnungen in die neue Spitze des Kultusministeriums, angefangen bei Kultusminister Stoch, der sein Amt im Januar angetreten hat, bis zum neuen Ministerialdirektor Jörg Schmidt, der seit August Amtschef des Ministeriums ist. „Die neue Spitze bringt die Voraussetzungen mit, dass die Reformen gelingen können“, sagte Moritz.

Für sorgsamen Umgang mit Hauptschulen

Die GEW begrüßt die regionale Schulentwicklung. Es sei konsequent bei deutlich rückläufigen Schülerzahlen die Vielfalt der Bildungsangebote und die Zahl der Schulen zu reduzieren. Jedoch mahnte Doro Moritz Leitlinien zum Umgang mit den von Schließungen bedrohten Hauptschulen, ihren Lehrern und Schülern an.

Stoch will, dass Realschulen den Hauptschulabschluss anbieten, doch Moritz hält dagegen, der Bildungsplan für die neunte Klasse der Realschule und die Hauptschulabschlussprüfung würden überhaupt nicht zusammen passen. Die schwächeren Schüler müssten ordentlich auf die Prüfung vorbereitet werden. Es sei völlig offen, wann entschieden werde, wer die Hauptschulprüfung anstreben sollte. Moritz warnte die Regierung vor Schnellschüssen.

Frühe Praxisphase für künftige Lehrer

Bei der bevorstehenden Neuordnung der Lehrerausbildung müsse das Praxissemester vorgezogen werden, es dürfe nicht erst Bestandteil einer möglichen Masterphase sein. Die GEW hält an dem Grundsatz fest, dass die Besoldung an die Ausbildungszeit gekoppelt ist. Das würde bei einer Verlängerung der Studienzeiten eine Anhebung der Gehälter von Lehrern an Grund- und an Hauptschulen bedeuten.

Für Grundschulen verlangt die GEW eine Wochenstunde zur freien Verfügung, wie sie an anderen Schularten üblich sei. Bisher würden die Grundschulen als „Steinbruch benutzt, um Löcher in anderen Schularten zu stopfen“. Gleichzeitig setzt sich die GEW für eine gute Qualität der neuen Gemeinschaftsschulen ein.

Beistand von der CDU

Unterstützung erfährt die GEW von der CDU. Deren bildungspolitischer Sprecher Georg Wacker bezeichnet die Altersermäßigung als wichtigen Beitrag zum Gesundheits- und Arbeitsschutz. „Eine Streichung geht voll zu Lasten der Lehrergesundheit und ist nicht verantwortbar“, sagt Wacker.

Die SPD dagegen erinnert an die Verantwortung für den Gesamthaushalt. Auch der Schulbereich müsse sich an den Einsparungen beteiligen, erklärt Stoch. „Leider müssen wir sparen, aber nicht zu Lasten der pädagogischen Qualität und der Unterrichtsversorgung“, sagte der Minister.