Eigentlich war die Wahl der FDP-Fraktionsspitze erst für den Sommer erwartet worden - nun soll sie wohl bereits am kommenden Dienstag stattfinden.

Berlin - Der künftige FDP-Chef Philipp Rösler kommt bei seinem Fahrplan zur Neuausrichtung der schwer angeschlagenen Partei voran. Er verständigte sich mit Fraktionschefin Birgit Homburger darauf, dass schon am Dienstag die Spitze der Bundestagsfraktion neu gewählt werden soll. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Sonntag aus Kreisen des Fraktionsvorstandes, der den Termin bei nur zwei Gegenstimmen billigte. Später sollte noch die gesamte Fraktion zustimmen.

 

Homburger hat deutlich gemacht, dass sie wieder antreten will. Eine endgültige Entscheidung, auch über mögliche Gegenkandidaten, sei aber noch nicht gefallen, hieß es. Allerdings kann am Dienstag unter anderem nur neu gewählt werden, wenn die Abgeordneten dies einstimmig fordern.

Die 46-Jährige Homburger hatte am Samstag nur knapp ihren Landesvorsitz in Baden-Württemberg behauptet. Sie steht seit langem in der Fraktion unter Druck. Eigentlich wäre der Vorstand erst im Herbst wieder gewählt worden.

Für Rösler könnte die Neuwahl in der Fraktion ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zu seinem künftigen FDP-Führungsteam sein. Er will am Donnerstag, dem Vorabend des Rostocker Parteitags, sein Personaltableau fertig haben. „Die FDP hat nur einen Schuss frei, und der muss sitzen“, sagte der Gesundheitsminister dem „Focus“.

Laut einer Emnid-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ trauen derzeit 80 Prozent der Deutschen Rösler aber nicht zu, die Liberalen aus dem Tief zu holen. 54 Prozent meinen sogar, dass die FDP 2013 nicht wieder in den Bundestag kommt.

Brüderle als Fraktionschef? "Abwegig", sagen Insider

Noch ungelöst ist der Konflikt des Rösler-Lagers mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, der als Parteivize nicht weichen will. „Ich bin für FDP pur - ohne Zusatzstoffe“, sagte der 65-Jährige der dpa. Ein Bericht der „Bild“-Zeitung, er könne statt Homburger die Fraktion führen, wurde in Kreisen als abwegig zurückgewiesen.

Rösler sicherte Brüderle eine Führungsrolle zu - unabhängig davon, ob dieser in der engen Parteiführung bleibt. „Rainer Brüderle wird in jedem Fall Teil des Teams sein“, sagte Rösler. Vom Abgang seines Vorgängers Westerwelles auch als Außenminister hält Rösler nichts: „Guido Westerwelle ist ein guter Außenminister, und das wird er auch bleiben.“ Westerwelle wurde auf einem Parteitag seiner nordrhein- westfälischen FDP mit Rücktrittsforderungen, Austrittsdrohungen und einem Beifallstreik konfrontiert. „Frühere Erfolge zählen nicht mehr, wenn man sie durch eigenes Fehlverhalten praktisch ruiniert hat“, sagte der Chef der Kreistagsfraktion Rhein-Sieg, Karl-Heinz Lamberty. Westerwelle antwortete in Duisburg: „Ich entschuldige mich für jeden Fehler, den ich gemacht habe.

Aber trotzdem, glaube ich, haben wir in den vergangenen zehn Jahren weit mehr richtig gemacht als falsch.“ Homburger bekam am Samstag von ihrem Heimatverband Baden-Württemberg einen herben Denkzettel verpasst. Sie wurde auf einem Sonderparteitag in Stuttgart erst im zweiten Wahlgang als Landeschefin wiedergewählt. Am Ende gewann sie eine Kampfabstimmung gegen den Europaabgeordneten Michael Theurer knapp mit 199 zu 192 Stimmen. Die FDP war bei der Landtagswahl im Südwesten Ende März auf 5,3 Prozent abgestürzt und aus der Regierung geflogen.

Brüderle wurde von seinem rheinland-pfälzischen Landesverband nach 28 Jahren an der Spitze zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Zu seinem Nachfolger als Landeschef wurde in Mainz der Finanzexperte Volker Wissing gewählt.

Der nordrhein-westfälische Landeschef Daniel Bahr will in Rostock als Parteivize kandidieren. Aus FDP-Kreisen heißt es, der Rösler-Vertraute werde notfalls gegen Brüderle antreten. „Eine Kampfabstimmung ist im Zweifel in einer Partei des Wettbewerbs nichts Schlimmes“, sagte Bahr der „Rheinischen Post“.