Das Interesse der Wirtschaft an Frauen für die Führungsetage wächst. Das stärkt die Position von Top-Managerinnen beim Gehaltspoker.

Frankfurt/Main - Frauen liegen vorn: Sie verdienen in der Topetage börsennotierter Firmen in Deutschland im Schnitt inzwischen knapp ein Drittel mehr als ihre Vorstandskollegen. Anders als Geschlechtsgenossinnen, die teilweise auf weniger kommen als Männer, bauten Managerinnen im Vorstand ihren Gehaltsvorsprung im vergangenen Jahr in der Summe aus, wie aus einer Analyse des Beratungs- und Prüfunternehmens EY hervorgeht. Der Abstand war demnach mit 31 Prozent so deutlich wie nie zuvor.

 

Als einen wichtigen Grund dafür sieht EY-Vergütungsexperte Jens Massmann das wachsende Interesse der Unternehmen, Frauen für die Topetage zu gewinnen. Da Kandidatinnen knapp seien, erhöhe sich ihr Marktwert und damit auch ihre Vergütung. Hochqualifizierte Topmanagerinnen hätten derzeit eine gute Verhandlungsposition, erläuterte Massmann.

Nach wie vor weniger Frauen in Vorstandsgremien

Die Gesamtvergütung weiblicher Führungskräfte im Vorstand der 160 Unternehmen der Dax-Familie stieg demnach im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr im Schnitt um 8,2 Prozent auf 2,31 Millionen Euro. Männliche Mitglieder des Gremiums mussten sich im Mittel mit einem Plus von 1,6 Prozent auf 1,76 Millionen Euro zufriedengeben.

„Der Frauenanteil in den Vorstandsgremien ist nach wie vor sehr gering - und steigt nur sehr langsam. Immerhin stehen weibliche Vorstände zumindest bei der Vergütung besser da als ihre männlichen Kollegen“, sagte Massmann. Der Trend zeigte sich besonders deutlich in der obersten deutschen Börsenliga, dem Dax. Während Männer Gehaltseinbußen hinnehmen mussten, stieg die durchschnittliche Gesamtdirektvergütung der Vorstandsfrauen um rund 9 Prozent. Im Schnitt verdienten Topmanagerinnen 3,19 Millionen Euro, männliche Vorstandsmitglieder kamen auf 2,71 Millionen Euro.

Generell verdienten Frauen in Deutschland auch im vergangenen Jahr im Schnitt dagegen weniger als Männer. Nach Angaben das Statistischen Bundesamtes kamen weibliche Beschäftigte auf durchschnittlich 18,62 Euro brutto pro Stunde. Das waren 4,16 Euro weniger als Männer (22,78 Euro). 2019 hatte die Differenz 4,28 Euro betragen.

Verdienstunterschied hat strukturelle Gründe

Der Großteil (71 Prozent) des Verdienstunterschieds hat allerdings strukturelle Gründe - etwa weil Frauen häufiger in schlechter entlohnten Berufen tätig sind und seltener Führungspositionen erreichen. Außerdem arbeiten sie öfter in Teilzeit und Minijobs. Doch selbst bei gleicher Tätigkeit und vergleichbarer Qualifikation verdienten Frauen 6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Hier lagen allerdings nur Werte für 2018 vor.

Auch wenn Frauen in der Topetage der deutschen Wirtschaft nach wie vor in der Minderheit sind, schafften in diesem Jahr nach einer Studie der gemeinnützigen Allbright-Stiftung mehr Managerinnen als sonst den Sprung in den Vorstand. Zum 1. September gab es 25 Vorstandsfrauen mehr als im Vorjahr. Es war demnach der bislang größte jährliche Zuwachs in der Dax-Familie. Der Anteil der Topmanagerinnen stieg um 3,3 Punkte auf 13,4 Prozent. In den Vorständen der Unternehmen aus Dax, MDax und SDax saßen demnach 93 Frauen 603 Männern gegenüber.

An der Spitze des Führungsgremiums stehen allerdings nach wie vor kaum Frauen. Zum 1. September gab es 8 Vorstandschefinnen. Vorstandsvorsitzende wurden bei der EY-Vergütungsstudie nicht berücksichtigt, auch weil sie deutlich mehr verdienen als andere Mitglieder des Gremiums. Die Gesamtdirektvergütung besteht aus dem festen Jahresgehalt und der in dem Jahr gewährten variablen Vergütung, etwa Boni.