Gehaltsforderungen Als Bewerber über Geld sprechen – warum nicht?

Die Gehaltsvorstellung eines Bewerbers ist für die Unternehmen auch ein Indikator dafür, ob Firma und Bewerber überhaupt zusammenkommen können. Foto: imago//Andrey Popov

Bei Vorstellungsgesprächen sind Lohnverhandlungen ein heikler Punkt. Wie Bewerber beim Gehaltspoker bestehen können und woran sie sich orientieren können.

Bei vielen Stellenausschreibungen fällt häufig dieser Satz, und spätestens beim Vorstellungsgespräch wird auch danach gefragt: „Bitte senden Sie uns Ihre Bewerbung unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellung zu.“ Doch die Formulierung einer angemessenen Gehaltsvorstellung ist gar nicht so leicht: schließlich will man sich weder unter Wert verkaufen, noch durch eine überhöhte Forderung ins Abseits befördern. Doch was ist beim Verhandlungspoker wichtig? Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten. 

 

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Warum wollen viele Unternehmen, dass schon in der Bewerbung Gehaltswünsche vorgelegt werden? Einerseits ist die Gehaltsvorstellung des Bewerbers für die Unternehmen natürlich ein Indikator, ob Firma und Bewerber überhaupt zusammenkommen können – denn wenn deutlich mehr gefordert wird, als das Budget hergibt, kann man sich die Zeit für das weitere Bewerbungsverfahren sparen. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, so Katharina Hain, Personalerin bei Hays Recruiting: „Die Gehaltsvorstellung zeigt vermeintlich, ob die Bewerberinnen und Bewerber ihre eigenen Kompetenzen gut einschätzen können und den Markt kennen.“ Daher sei die Gehaltsvorstellung zum Teil immer noch ein Kriterium, mit dem Firmen Bewerber selektieren. 

Was sollte man bei der Formulierung der Gehaltsvorstellung beachten? Wichtig ist zunächst, für sich selbst eine Untergrenze bei der Lohnvorstellung zu definieren. Dafür sollten Bewerber ihre Lebenshaltungskosten in Relation zu ihrem sonstigen Vermögen oder Einkommen – etwa des Ehepartners – setzen. So kann man festlegen, unterhalb welcher Summe man den Job auf gar keinen Fall annehmen würden. Ebenso wichtig ist die Frage, wie viel Verantwortung man im Unternehmen tragen möchte. Ein Posten mit mehr Verantwortung wird besser bezahlt, liegt aber nicht jedem. Daneben zählen persönliche Kompetenzen und Erfahrungen. „Das Erfahrungswissen aus Berufserfahrung und Lebenserfahrung macht Mitarbeiter für einen Arbeitgeber wertvoll“, sagt Karrierecoach Bernd Slaghuis. Bewerber sollten sich diesen Wert bewusst machen. Beim Gehalt gehe es nicht nur um die Erfüllung eines Lebensstandards, sondern auch um das eigene Selbstwertgefühl. 

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Wie finde ich heraus, welche Gehaltsforderung möglich ist? Zur ersten Orientierung bieten sich Vergleichsportale im Internet an. Aber Achtung: „Die Stellenportale haben oft nur geschätzte Gehälter, die aus den Angaben ihrer Nutzer ermittelt werden“, so Slaghuis. Die Portale können aber helfen, sich einen Eindruck über die Branche und die Region zu verschaffen.

Auch der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit bietet einen guten Überblick über die Mediangehälter vieler Berufe in verschiedenen Regionen Deutschlands. Webseiten wie Gehalt.de oder Glassdoor ermitteln Durchschnittswerte anhand von Suchkriterien wie Stellenbezeichnung, Region, Bildungsabschluss, Alter und Geschlecht. Auch Gewerkschaften und Berufsverbände können hilfreich sein, insbesondere wenn man sich in einer Branche mit Tarifverträgen bewirbt.

Gewerkschaftsseiten veröffentlichen die Tariftabellen in der Regel auf ihren Internetseiten. Viele Verbände führen zudem Studien zur Gehaltsentwicklung ihrer Branche durch und bieten Beratung an. Zudem lohnt es sich, im Freundes- und Bekanntenkreis herumzufragen, wenn es dort geeignete Ansprechpartner gibt. Denn die Aussagen von Menschen mit vergleichbarem Werdegang, die auf ähnlichen Stellen arbeiten, sind natürlich am verlässlichsten. 

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Was muss man mit Blick auf das Unternehmen selbst beachten? Grundsätzlich sollte man bei der Gehaltsforderung auch die Geschäftslage und Marktsituation des Unternehmens berücksichtigen, bei dem man sich bewirbt. So werden etwa Zulieferer großer Firmen oft im Preis gedrückt und können dementsprechend keine großen Gehälter zahlen. Nischen-Unternehmen, die eine Art Monopolstellung haben, weil sie in Spezialbereichen tätig sind, haben hingegen häufig auch ein höheres Gehaltsbudget, auch wenn sie recht klein sind. Diese Faktoren haben viel mit der Struktur des Unternehmens insgesamt zu tun. „Daher sollte man versuchen, herauszufinden, was genau die ausgeschriebene Stelle beinhaltet, wo sie in der Unternehmenshierarchie aufgehangen ist und wie viel Verantwortung damit verknüpft ist“, rät Coach Slaghuis. 

Wann kegele ich mich selbst ins Aus? Unter Personalexperten gilt als Faustregel, dass man bei einer Abweichung von mehr als zehn Prozent im Vergleich zum unternehmensintern veranschlagten Gehalt aus dem Verfahren ausscheidet. Das gilt sowohl nach oben als auch nach unten. Gerade wenn es auf eine überzeugende Persönlichkeit für die ausgeschriebene Stelle ankomme, könne einem eine zu niedrige Gehaltsvorstellung auf die Füße fallen, sagt Personalexpertin Hain. Mitunter fragen Unternehmen auch nach dem vorherigen Gehalt, um dann 10 bis 15 Prozent mehr anzubieten. Hier ist man aber nicht zu einer wahrheitsgemäßen Angabe verpflichtet, denn das geht niemanden etwas an. Wenn man die Frage beantwortet, ist eine Circa-Angabe völlig ausreichend. 

Wie formuliert man den Gehaltswunsch im Bewerbungsschreiben? Bei der Formulierung des Gehaltswunschs im Bewerbungsschreiben gibt es einige Standard-Floskeln, auf die Bewerber zurückgreifen können. Der entsprechende Satz kommt immer an das Ende des Anschreibens und lautet zum Beispiel: „Meine Gehaltsvorstellung liegt bei einem Brutto-Jahresgehalt im Bereich von 50 000 Euro“ oder „Ein jährliches Bruttogehalt von 60 500 Euro entspricht meinen Vorstellungen.“ Auch ein wenig mehr Nachdruck ist erlaubt: „Aufgrund meiner umfangreichen beruflichen Qualifikationen empfinde ich ein Gehalt von 70 000 Euro als angemessen.“ Eher vermeiden sollte man die Nennung von Gehaltsspannen, denn das schränkt den Verhandlungsspielraum ein – schließlich werden sich die Unternehmen dann bei ihrem Angebot tendenziell am unteren Rand der Spanne orientieren.

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