Auch bei größtmöglicher Vergleichbarkeit verdienen Frauen weniger als Männer. Unterschiede beim Berufseinstieg sind kaum aufzuholen.

Lohnunterschiede zwischen Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen: dass es sie gibt, belegt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Rheinland-Pfalz-Saarland, die in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes entstanden ist. Doch wie kommen sie zustande? Die Entgeltungleichheit entsteht zum Teil durch die unterschiedliche Wahl der Studienfächer. So ist der Frauenanteil in Fächern wie den Erziehungs-, Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften besonders hoch. Allerdings verdienen Akademiker in diesen Studienfächern weniger als Absolventen technischer und naturwissenschaftlicher Fächer. In denen ist aber wiederum der Frauenanteil gering.

 

Doch auch wenn das Studienfach gleich ist, haben frischgebackene Akademikerinnen immer noch weniger in der Lohntüte als ihre ehemaligen männlichen Kommilitonen. Die IAB-Untersuchung zeigt, dass ein deutlicher Gehaltsunterschied bleibt, auch wenn bei weiblichen und männlichen Hochschulabsolventen Studienfach, Abschlussnote, Studiendauer, Betriebsgröße und Abschlussjahr identisch sind. 'Selbst bei diesen vergleichbaren Gruppen verdienen Frauen immer noch sieben Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen', erklärt Dr. Gabriele Wydra-Somaggio vom IAB Rheinland-Pfalz-Saarland. 'Ob dieser Lohnunterschied bedeutet, dass Frauen tatsächlich benachteiligt werden, lässt sich aufgrund dieser Zahlen nicht eindeutig belegen', betont Wydra-Somaggio. 'Denn dazu müssten wir noch weitere Kriterien miteinander vergleichen wie die genaue Position im Unternehmen, aber auch die Motivation und den Ehrgeiz. Das geben aber die anonymisierten Absolventendaten der Universität des Saarlandes und die Daten der Bundesagentur für Arbeit - die Grundlage unserer Untersuchung sind - nicht her.' Um wirklich zu wissen, ob es eine Diskriminierung gibt, bräuchten die Forscher einen statistischen männlichen und weiblichen Zwilling, der sich aber in der Realität nicht findet.

"Das meiste Geld wird im Vertrieb verdient"

Die Hamburger Karriereberaterin und Buchautorin Svenja Hofert kennt verschiedene Gründe, warum Frauen weniger verdienen als Männer - trotz gleicher Studienwahl. 'Wenn eine Frau zum Beispiel Betriebswirtschaft studiert, heißt das noch lange nicht, dass sie später in den Abteilungen arbeitet, in denen besonders viel Geld verdient wird', berichtet Hofert. Ihrer Erfahrung nach gehen Hochschulabsolventinnen eher in die Abteilungen Personal, Marketing oder ins Controlling. 'Das meiste Geld wird allerdings im Vertrieb verdient.' Mit der Entscheidung von Frauen für hauptsächlich von Männern dominierte Studiengänge ist es also noch nicht getan: 'Im Laufe ihrer Karriere treffen Frauen immer wieder Entscheidungen, die im Vergleich mit Männern zu einem geringeren Verdienst führen', sagt Hofert. 'So entscheiden sich männliche Betriebswirtschaftler zum Beispiel für die technische BWL, während Betriebswirtschaftlerinnen immer noch vor dem Thema Technik zurückschrecken und sich lieber im Bereich Marketing spezialisieren.'

Doch gerade im technischen Umfeld werden höhere Löhne gezahlt. Auch das Bewerbungsverhalten von Männern und Frauen ist höchst unterschiedlich und kann zu deutlichen Gehaltsunterschieden führen: 'Männer trauen sich viel eher eine höhere Position zu und bewerben sich deshalb auch auf diese. So glaubt ein Hochschulabsolvent, dass er schon nach einem Jahr genug Berufserfahrung besitzt, um sich auf den Posten eines Seniors zu bewerben. Frauen trauen sich so eine Position oft nach drei Jahren noch nicht zu.' Auch bei Gehaltsverhandlungen gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Isabel Nitzsche, Münchner Buchautorin und Business-Coach, ist sich sicher, dass dieses unterschiedliche Verhalten große Auswirkungen auf das Gehalt hat. 'Oft stellen Frauen keine großen Forderungen. Das ist ein Problem, weil viele Arbeitsverträge in Deutschland gar nicht tariflich gebunden sind. Und selbst wenn sie es sind, gibt es oft noch einen Ermessensspielraum', erklärt Nitzsche, die Durchsetzungstrainings für Frauen leitet und den Ratgeber 'Spielregeln im Job durchschauen.

Frauen knacken den Männercode' geschrieben hat. Wer beim Berufseinstieg nicht verhandelt, hat später darunter zu leiden: 'Da die Schere zwischen dem Einkommen von Frauen und Männern im Laufe des Berufslebens immer größer wird, ist es für Frauen sehr schwer, diese Gehaltslücke später noch einmal zu schließen, wenn sie mit einem niedrigeren Gehalt in den Beruf eingestiegen sind', betont Nitzsche. Einen Grund für die fehlende Verhandlungsbereitschaft der Frauen sieht Nitzsche neben dem Harmoniebedürfnis und dem Wunsch, den Gesprächspartner nicht zu verärgern, im Informationsdefizit: 'Viele Frauen wissen wenig darüber, was ihre Kollegen in der gleichen Position verdienen.' Ihr Tipp an die Frauen ist deshalb, sich zu informieren und gleich beim ersten Job über das Gehalt zu verhandeln.

Die Genderforscherin Dr. Christina Klenner vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in Düsseldorf findet es problematisch, Frauen den Schwarzen Peter für den geringeren Verdienst mit dem Hinweis zuzuschieben, sie sollten doch lieber andere Fächer studieren: 'Männer haben bei Gehaltsverhandlungen oft bessere Chancen. Zwar verbietet das Gesetz Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher und gleichwertiger Arbeit, dennoch gibt es bei jeder Lohnverhandlung ein subjektives Moment. Auf diesem Wege können sich Geschlechterstereotype und Vorurteile einschleichen, die Männer als beruflich kompetenter und Frauen als weniger berufsorientiert einstufen.' Sie kennt Fälle von Ungleichbehandlung. 'Ob es sich dabei um eine Diskriminierung handelt, muss in jedem Einzelfall nachgewiesen werden, aber viele Fälle landen erst gar nicht vor Gericht.'