Exklusiv Seit Donnerstagabend kennt die Hip-Hop-Welt Starzach-Bierlingen: Cro hat dort ein Geheimkonzert gegeben, vor 120 Freunden eines Gärtners, der eigentlich Eventmanager werden will. Und die Veranstalter wurden ziemlich nervös, weil das Konzert so geheim gar nicht war.

Starzach-Bierlingen - Normalerweise bringt er Tausende zum Ausflippen und seine Konzerte füllen große Plätze: der Stuttgarter Raoper Cro. Doch am Mittwochabend trat er in einer Gärtnerei in einem kleinen Örtchen mitten in der schwäbischen Provinz auf, in Bierlingen. Der Ortsteil der Gemeinde Starzach hat gerade einmal knapp 1200 Einwohner und hier kennt vermutlich jeder jeden.

 

Umso schwieriger, einen Gig zu veranstalten, von dem niemand wissen darf. Denn Cro gibt ein Privatkonzert für den 19-jährigen Marcel Stifel. Jeder persönlich von Marcel ausgesuchte Gast hat vorab eine Schweigepflichterklärung unterschrieben. Es ist ein Ereignis für das Dorf, von dem man dort noch lange reden wird. „Einfach dufte“, sagt einer.

Die Frage ist: warum?

Doch wieso kommt Cro in ins schwäbische Hinterland, um vor 120 Gästen ein Konzert in einer Gärtnerei zu geben? Möglich wurde das durch den Fernsehsender Arte, der einen Wettbewerb veranstaltete. Gesucht war das gelungenste Video mit der besten Begründung, warum Cro gerade zu ihnen kommen sollte - und, soviel sei gesagt, nicht alle Videos waren gelungen.

Beim Tomatengießen sei ihm die Idee gekommen, sagt Marcel. Die Idee, die ihn zum gefeierten Helden von Bierlingen werden ließ. Zusammen mit Kumpels drehte er ein Video in der Gärtnerei seiner Eltern, in dem er den von der Nähe der Ostalb stammenden Musiker auffordert: "Cro, mach die Tomaten rot". Für den Dreh hat Marcel eigens alle roten Tomaten geerntet. Und für alle, die nicht wissen, wo Starzach-Bierlingen liegt, schreibt er auf der Arte-Website dazu: "Starzach-Bierlingen ist zwischen Rottenburg und Horb, also in der Nähe von Tübingen."

Als Marcel den Anruf erhielt, dass er gewonnen hat, sei er so perplex gewesen, dass er nicht mehr als ein „Okay“ herausgebracht habe, sagt er. Doch das kann man ihm auch als Lässigkeit anrechnen. Denn dass er hier gerade ein Konzert mit einem Musiker veranstaltet, der mit Hits wie „Easy“ in den Charts ganz oben war, würde man nicht merken, wenn man es nicht wüsste. „Eigentlich war ich die letzten Tage und auch heute ganz relaxed. Meine Eltern waren da nervöser.“ Aber auch die Mutter macht nicht den Eindruck, als hätte sie ein Problem mit dem ganzen Rummel: „Wir haben schon den Orkan Lothar überlebt.“

Und doch ist das mit dem Konzert des großen Cro im kleinen Starzach-Bierlingen nicht so einfach, wie die Lokalpresse mehrfach berichtete. Deren Leserschaft konnte dank ausführlicher Berichterstattung schon während der Abstimmungsphase mit Marcel Stifel mitfiebern. Seit klar war, dass Cro in die Gärtnerei kommen wüde, erhielt Stifel weit mehr als tausend Anfragen von Cro-Fans, die bei dem Konzert dabei sein wollten. Plötzlich habe sich, so das "Tübinger Tagblatt", die zuvor in ihrer Pressearbeit ziemlich offenherzige Arte-Pressestelle zugeknöpft gegeben: Die Veranstalter "befürchten, dass der Auftritt via Facebook oder Twitter einen Massen-Auflauf auslösen könnte, dem die örtlichen Kräfte nicht mehr gerecht werden könnten", heißt es in einem Bericht.

Der Gärtner als Eventmanager

Für Marcel Stifel ist das gar nicht so geheime Geheimkonzert vom Donnerstagabend aber auch ein großer Glücksfall: Er will Eventmanager werden, gerade macht er ein Praktikum in dem Bereich. Und jetzt darf er gleich bei so einer großen Veranstaltung mit in der Planung dabei sein. „Das hat mich jetzt nur noch mehr motiviert“, sagt er.

Cro hingegen scheint mit dem ganzen Format, dem Persönlichen, das es bieten könnte, wenig anfangen zu können. Er zieht sein Ding durch. Der Auftritt wird dadurch nicht schlechter, wenn man seine Musik, seine Performance mag - aber es wird auch nichts Herausragendes. Für ihn ist es ein Konzert unter vielen. Und für die 120 geladenen Gäste ist es der beste Abend des Jahres.