Mitten im Kalten Krieg planten Amerikaner und Sowjets 1958 eine Atombombe auf dem Mond zu zünden. Doch angesichts der unkalkulierbaren Folgen wurde aus der nuklearen Machtdemonstration nichts.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Moskau/Stuttgart - Die Sowjetunion hat Geheimpapieren zufolge die Zündung einer Atombombe auf dem Mond in Auftrag gegeben. Die Sowjetführung habe Anfang 1958 beschlossen, Pläne dafür zu entwickeln, sagte der Historiker Matthias Uhl, der am Deutschen Historischen Institut in Moskau arbeitet. Uhl hatte die Akten vor einiger Zeit im russischen Staatsarchiv entdeckt und nun veröffentlicht.

 

Bisher gab es nur Spekulationen, ob der Bombentest tatsächlich geplant war oder es sich nur um einen Propagandacoup der Sowjetunion gehandelt haben könnte. Am 1. November 1957 hatte die amerikanische Tageszeitung „Pittsburgh Press“ unter der Überschrift „Latest Red Rumor: They’ll Bomb Moon“ („Das letzte rote Gerüchte: Sie wollen den Mond bombardieren“) erstmals über entsprechende sowjetische Pläne berichtet.

Wasserstoffbombe auf dem Mond

Das Projekt des engsten Moskauer Machtzirkels um Parteichef Nikita Chruschtschow mit den Codenamen „E“ sah demzufolge vor, eine Rakete alternativ mit einer Wasserstoff- oder Atombombe zu bestücken. Die Zündung sollte als Machtdemonstration im Kalten Krieg dienen.

Sowjetische Wissenschaftler warnten jedoch davor gewarnt, dass die Bombe beim Raketenstart explodieren oder die Rakete den Mond verfehlen und auf die Erde zurückstürzen könnte. Uhl zufolge wurde das Vorhaben angesichts der unkalkulierbaren Folgen einige Monate später wieder aufgegeben.

Projekt A119

Auch die Amerikaner waren einer atomaren Machtdemonstration auf dem Erdtrabanten nicht abgeneigt. Unter dem Codenamen „A119“ wollten sie eine Mini-Atombombe auf der dunklen Seite des Mondes zünden und so den Sowjets zuvorkommen. Ein auch auf der Erde sichtbarer Atompilz sollte die technische Überlegenheit der US-Nuklearrüstung unter Beweis stellen. Da aber der Mond als potenzielles Kolononisierungsziel nicht radioaktiv verseuchen werden sollte, kamen die Pläne wieder in die Schublade.

Kleine Version der Hiroshima-Bombe

Im Februar 1957 hatte der US-Physiker Edward Teller die Detonation mehrerer Nuklearbomben auf und über der Oberfläche des Mondes vorgeschlagen, um die Effekte solcher Explosionen bei geringer Schwerkraft analysieren zu können. Der amerikanische Plan sah vor, Bomben mit der Sprengkraft von 1,7 Kilotonnen zu zünden. Zum Vergleich: Die am 6. August auf die japanische Stadt Hiroshima abgeworfene Bombe „Little Boy“ hatte eine Sprengkraft von 13 bis 18 Kilotonnen.