Der Tanzschuppen hinter dem früheren Geislinger Ausflugslokal Wilhelmshöhe soll im Freilichtmuseum in Beuren, Kreis Esslingen, Karriere machen.

Geislingen - Beuren/Geislingen - Der Tanz- und Hochzeitssaal der ehemaligen Geislinger Gaststätte Wilhelmshöhe könnte im Freilichtmuseum Beuren (Kreis Esslingen) zu neuem Leben erweckt werden. Dort ist ein Erlebnis- und Genusszentrum für traditionsreiche regionale Sorten und Lebensmittel geplant, für das zusätzliche Räume benötigt werden. Ob der Holzbau tatsächlich zu musealen Ehren kommt, muss der Esslinger Kreistag entscheiden.

 

Eigentlich war der Abriss geplant

Eigentlich hatte der Tanz- und Hochzeitssaal der ehemaligen Gaststätte Wilhelmshöhe nach dem Verkauf des Hauptgebäudes dem Abbruch preisgegeben werden sollen, während die Gaststätte selbst saniert werden soll. Der neue Eigentümer Andreas Oberländer möchte das stattliche Gaststättengebäude sanieren und dort das neue Geislinger Notariat einrichten. Anlass dafür ist die landesweite Notariatsreform, bei der auch das staatliche Notariat in der Parkstraße aufgelöst wird.

Dem hinter der Wilhelmshöhe liegenden aus Holz gebauten Tanzsaal könnte in Beuren ein zweites Leben beschieden sein. Das Gebäude passt in seiner ehemaligen Funktion in das museumspädagogische Konzept der Museumsmacher, die in ihren rund zwei Dutzend historischen Gebäuden einen Einblick in das dörfliche Leben der Großelterngeneration geben.

Der Tanzschuppen soll Mittelpunkt des Erlebnis- und Genusszentrums werden

Noch besser allerdings passt es als Mittelpunkt des geplanten Erlebnis- und Genusszentrums. Darin soll die Dauerausstellung alter Obst-, Gemüse- und Getreidesorten gezeigt werden, aber auch thematische Veranstaltungen und vielleicht ein Schaukochen durchgeführt werden.

Das Besondere an dem Saal ist offenbar seine im Original erhaltene typische Holzarchitektur. Ihm sei der schöne Holzboden ins Auge gefallen, sagte Frank Dehmer, der im vergangenen Sommer den Saal bei einer Führung mit der früheren Besitzerin Inge Hafner besichtigte. Hafner hatte das Familienerbe bis zum Verkauf sorgsam bewahrt und die Geschichte des ehemaligen Ausflugslokals ausführlich dokumentiert.

Umsonst ist das Objekt der Begierde nun aber nicht zu haben. Den Tanzsaal selbst bekäme der Landkreis Esslingen zwar zum Nulltarif, für den Umzug allerdings müsste er tief in die Tasche greifen. Eine fachgerechte Translozierung, das heißt der Abbau in Geislingen und der naturgetreue Aufbau im gut 40 Kilometer entfernten Museumsdorf in Beuren, dürfte ersten Schätzungen zufolge mit 1,6 Millionen Euro zu Buche schlagen. Allerdings sind hinter den Kulissen inzwischen schon alle Hebel in Bewegung gesetzt worden, um diesen Betrag auf ein erträgliches Maß herunterzubrechen, bevor der Schul- und Sozialausschuss des Kreistags Esslingen sich erstmals mit dem Thema befasst. Dem Vernehmen nach steht der Förderverein des Freilichtmuseums mit rund 200 000 Euro bereit, um das Projekt im Sinne einer Anschubfinanzierung auf den Weg zu bringen.

Sondierungsgespräche machen Hoffnung

Erste Sondierungsgespräche hinsichtlich möglicher Landeszuschüsse sind auf wohlwollende Zustimmung gestoßen. Die grundsätzliche Förderfähigkeit des Vorhabens sei gegeben, so lauten die Signale seitens der Landesbehörden. Trotz der fortgeschrittenen Verhandlungen halten sich die Akteure bedeckt.

„Es stimmt: Wir sind auf der Suche nach geeigneten Räumen“, sagt Steffi Cornelius, die Beurener Museumsleiterin. Ähnlich schmallippig äußert sich Peter Keck, der Leiter der Pressestelle im Landratsamt Esslingen. „Die Überlegungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen. Sobald sich die Sache konkretisiert, werden wir die Frage in den Gremien des Kreistages behandeln“, sagt Peter Keck.

Vom Tanzschuppen zum Genusstempel

Wilhelmshöhe:
Im Jahr 1911 ließ Georg Hafner vor den Toren Geislingens die „Wilhelmshöhe“ bauen. Das Haus hatte regen Zulauf. Vor dem Zweiten Weltkrieg und danach in den 1950er Jahren folgte Tanzvergnügen auf Tanzvergnügen. Zuletzt ist das Traditionshaus nur noch sporadisch zu kulturellen Zwecken genutzt worden.

Projekt:
Mit dem Erlebnis- und Genusszentrum will das Freilichtmuseum Beuren (Kreis Esslingen) die Bedeutung der biologischen Vielfalt auf Acker und Obstwiese vermitteln. Auch soll das Zentrum als Dialogplattform für Fachpartner dienen. Vorgesehen ist ein Haus der Sortenvielfalt, das neben der Dauerausstellung auch Verköstigungs- und Kochmöglichkeiten in einer Schauküche bieten soll.