Ist die Stadt Geislingen finanzschwach oder nicht? Diese Frage beantworten der Bund und das Land ganz unterschiedlich.

Region: Corinna Meinke (com)

Geislingen - Seit Jahren treiben die Verantwortlichen in Geislingen Sorgen um die Handlungsfähigkeit der Stadt um. Diese durchzogen auch die Haushaltsreden der Fraktionen für den Etat 2018 angesichts der gewaltigen Ausgaben, beispielsweise im Bildungsbereich. Allein für die Generalsanierung des Michelberggymnasiums sind die Ausgaben inzwischen auf 21 Millionen Euro gestiegen. Jetzt bereiten den Akteuren wegbrechende Bundeszuschüsse Kopfzerbrechen.

 

Ist Geislingen finanzschwach oder nicht?

„Wir hatten eigentlich mit 700 000 Euro für den Bau der Mensa für die Tegelbergschule gerechnet“, erläuterte die Kämmereimitarbeiterin Ute Dreher die Planungen fürs kommende Jahr. Aus dieser Geldspritze des Bundes, von der die Schulinfrastruktur profitieren sollte, wird nun wohl nichts, denn das baden-württembergische Finanzministerium schätzt die Kommune gar nicht als finanzschwach ein. „Wer bitte soll das verstehen“, fragte Ludwig Kraus von den Freien Wählern und verwies staunend auf die schuldenfreie Stadt Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg), die im Gegensatz zu Geislingen – wo bis Ende 2019 die Schulden auf 23 Millionen Euro steigen sollen – offenbar von Mitteln auf Basis des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes profitieren wird.

Razavi kündigt Hilfe aus dem Sanierungsfonds des Landes an

Solche Verwerfungen kommen vermutlich durch ein besonderes Berechnungsschema zustande, mit dem das Finanzministerium in Stuttgart die Einnahmesituation von Geislingen für die Bundeszuschüsse beleuchtet, vermuten die Geislinger. Ein Verfahren, das nach Angaben der Geislinger Landtagsabgeordnete Nicole Razavi sich nicht auf Landesebene auswirkt: „Die Stadt Geislingen und weitere Kommunen im Landkreis werden trotz der von Bund und Finanzministerium vorgenommenen Einstufung finanziell nicht schlechter gestellt“. Die Kommunen kämen auf alle Fälle über den kommunalen Sanierungsfonds des Landes zum Zug. Damit gleiche das Land den Wegfall der Bundesmittel für die als nicht finanzschwach eingestuften Kommunen mit zusätzlichen Haushaltsmitteln für den Bau und die Sanierung von Schulen aus, kündigte die Christdemokratin an.

Dass die Stadt nach wie vor tatsächlich finanzschwach ist, belegen nach Ansicht des Kämmerers Bernd Pawlak vor allem der anhaltend geringe Anteil an der Lohn- und Einkommenssteuer. Der liege in Geislingen 33 Prozent unter dem Landesdurchschnitt. Auch die Höhe der Schlüsselzuweisungen durch das Land, die einer Kommune helfen sollen, ihre vielfältigen Aufgaben zu erfüllen, sagen etwas über die Steuerkraft aus. Diese sollen im Geislinger Fall seit der Steuerschätzung vom November für 2018 mit immerhin 21,5 Millionen Euro den größten Batzen bei den Einnahmen ausmachen.

Die Steuer soll 2018 steigen

Gleichzeitig hat das Regierungspräsidium die Geislinger dazu verdonnert, möglichst ohne neue Schulden auszukommen. Das wird im kommenden Jahr wohl nicht funktionieren, meinte der Kämmerer. Er sei gespannt, ob die nötigen Kreditaufnahmen genehmigt werden.

Immerhin die Forderung der Aufsichtsbehörde nach höheren Einnahmen wird Geislingen wohl erfüllen und im kommenden Jahr, vermutlich befristet, die Steuer erhöhen. Ihre Bereitschaft dazu haben die Fraktionen bereits signalisiert.