Die Kegelbahn hat schon länger ausgerumpelt, aber wer noch eine alte Kugel oder andere Wirtshausutensilien aus dem Traditions-Ausflugslokal nach Hause tragen möchte, hat dazu bald Gelegenheit.

Region: Corinna Meinke (com)

Geislingen - Für die Geislinger Wilhelmshöhe ist ein Käufer gefunden. Das frühere traditionelle Ausflugslokal am Türkheimer Berg, das weit über den Kreis Göppingen hinaus bekannt war, soll von Oktober an eine neue Nutzung erfahren. Offenbar möchte sich hier ein freiberuflicher Notar niederlassen. Zuvor wird sich die bisherige Eigentümerin Inge Hafner von ihrem Elternhaus mit einer Bilderauktion und einem allerletzten Wirtshaus-Flohmarkt verabschieden.

 

2011 wurde der 100. Geburtstag ausgiebig gefeiert

In den vergangenen Jahren hatte Hafner das seit Jahren geschlossene Gasthaus mehrfach für kulturelle Zwecke geöffnet. Im großen Rahmen wurde vor allem der hundertste Geburtstag des Gebäudes 2011 mit einem neuntägigen Kultur- und Festprogramm begangen. Damals beleuchtete die Kulturwissenschaftlerin die wechselvolle Geschichte des Höhenrestaurants, das für die Geislinger auch wegen seines Biergartens und seiner Kegelbahnen beliebtes Ausflugsziel bei Spaziergängen auf dem nahen Kolpingweg war.

Italo-Schlager mit der Tanzkapelle Fritz Russ

Vor allem die 1930er Jahre müssen eine fröhliche Zeit gewesen, sein. In der Hausgeschichte, die Hafner ins Netz stellte, wird von einem bunten kulturellen Treiben bei Gesellschafts- und Kappenabenden, Gartenkonzerten und Italienischen Nächten mit Italo-Schlagern, gespielt von der Geislinger Tanzkapelle Fritz Russ, berichtet. Und es gab sogar ein eigenes Liederbuch.

1937 wurde der Saal auf 250 Quadratmeter erweitert, aber nur zwei Jahre später beschlagnahmten ihn Behörden als Lagerraum für Getreide. Im April 1945 zogen schließlich Soldaten ein, und ein Jahr später wurden Esten in die Wilhelmshöhe einquartiert. Erst 1950 konnte die Familie wieder zurück in ihr Anwesen, das laut Chronik in einem desolaten Zustand war. Bis 1972 waren Pächter auf der Wirtschaft, dann verwandelten Inge Hafner und der Journalist Manfred Bomm das Lokal einen Sommer lang in ein Pub.

Erst mit 90 Jahren in den Ruhestand

Später diente das Gebäude einer alternativen Eltern-Kind-Gruppe als Zuhause, in den Nebenzimmern wurde pädagogisch wertvolles Spielzeug verkauft, und im Saal eröffnete auch noch ein Fitness-Studio seine Pforten. Den Kegelbahnbetrieb hielt derweil Willy Hafner aufrecht, der erst im August 1998 im Alter von 90 Jahren in den Ruhestand ging.

Ein Wirtshaus-Flohmarkt zum Abschied

Zum Abschluss der Familienära Hafner kommen am Samstag, 27. August von 11 bis 17 Uhr die restlichen Wirtshausutensilien wie Zinkgefäße, altes Gartengerät, Holzkisten sowie Kegel und Kugeln zum Verkauf, teilt Inge Hafner mit. Dazu sollen auch 50Flaschen alten Weines zählen, wie ein 1949er Meraner Hügelwein oder der 1959er Cröver Nacktarsch. Bereits am Samstag, 20. August steigt auf der Wilhelmshöhe um 15 Uhr eine Auktion mit Bildern von Inge Hafner und Carola Denger, deren Erlös für die Stiftung Pro Alter bestimmt sein soll.