Geld anlegen ist Zeiten extrem niedriger Zinsen und heftig schwankender Aktienmärkte fällt schwer. Was der Austritt Großbritanniens aus der EU mit sich bringt, ist noch nicht absehbar. Ein paar Grundregeln sollten Anleger beachten.

Stuttgart - Die einen wollen ihr Erspartes sichern, die anderen erst noch ein Vermögen aufbauen. Die richtige Strategie zu finden, fordert derzeit selbst Spezialisten heraus. Der bevorstehende Brexit verstärkt die Sorgen der Anleger zusätzlich. Auch wenn mit dem Brexit-Entscheid die Unsicherheiten in Politik, Wirtschaft und vor allem den Finanzmärkten erst einmal anschwellen – „Grund zur Panik bestehe nicht“, sagt Domenico Gehling, der bei der Hypovereinsbank den Bereich Private Banking in Württemberg leitet. „Angst war schon immer ein schlechter Ratgeber.“ Es gelte gerade jetzt „einen kühlen Kopf zu bewahren“ und unter den geänderten Rahmenbedingungen die Chancen auszuloten.

 

Für Chris-Oliver Schickentanz, Chefanlagestratege der Commerzbank, hat sich durch die Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen „am großen Bild nichts geändert“. Die Europäische Zentralbank wird an ihrer Niedrigzinspolitik festhalten. Wolfgang Kuhn, Chef der Südwestbank, hält es sogar für sehr wahrscheinlich, dass in den nächsten fünf Jahren das Zinsniveau im kurzfristigen Bereich weiterhin niedrig bleibt, in der Immobilienfinanzierung sollten die Zinsen schneller anziehen, sagt er.

Doch was soll ein Anleger tun, der einen größeren Geldbetrag anzulegen hat, beispielsweise weil eine Lebensversicherung fällig wird? Ein Patentrezept gibt es nicht, so die Meinung der Profis. „Keiner weiß sicher, was kommt“, sagt Bankchef Kuhn. Deshalb sollte das Vorhandene so breit wie möglich gestreut werden. „Das gilt für kleinere Vermögen wie für große.“

Gold ist kein Allheilmittel

„Auf Dauer werden Anleger auch bei der Altersvorsorge an einer höheren Aktienquote nicht vorbeikommen“, meint Schickentanz. Für Anleger, denen Sicherheit vor Rendite geht, und die bei größeren Kursschwankungen schlecht schlafen, sieht der Anlagespezialist offene Immobilienfonds als gute Alternative. „Bei relativ geringen Wertschwankungen lässt sich eine Jahresrendite von 2,5 Prozent erzielen.“ Allerdings müssen Immobilienfonds für wenigstens zwei Jahre gehalten werden. Sinnvoll sei im Schnitt 10 bis 15 Prozent des liquiden Vermögens in Immobilienfonds oder vermietet Objekte anzulegen.

Fünf Prozent des verfügbaren Vermögens sollte in Gold angelegt sein, empfiehlt Schickentanz. „Das war vor und ist nach dem Brexit richtig.“ Mehr als fünf Prozent sollten es aber nicht sein. „Gold ist kein Allheilmittel.“

Anleger, die keine Erfahrung mit Aktien haben oder die nicht die Zeit finden, sich um ihre Geldanlage zu kümmern, für die empfiehlt sich ein breit gestreutes Vermögensmanagement, meint der Chefanlagestratege der Commerzbank. Bei so einem Vermögensmanagement übernehmen Profis die Geldanlage. Die jährlichen Kosten liegen etwa zwischen 1,2 und 2,5 Prozent der Anlagesumme, so Schickentanz. Die müssen allerdings erst verdient werden, bevor sich das lohnt. So ein Vermögensmanagement bieten alle großen Banken und Sparkassen an, auch für kleine Einstiegsgrößen oder einen monatlichen Sparplan. „So ein Vermögensmanagement ist nicht das billigste Produkt, aber der Kunde weiß, was es kostet und muss sich um nichts kümmern“, sagt Schickentanz.

Aktienanleger sollten Schwankungen aushalten können

Wer die Geldanlage nicht aus der Hand geben möchte, auf der Suche nach einer Aktienanlage aber nicht ständig neue Entscheidungen über Auswahl, An- und Verkauf der Papiere treffen möchte, der kann auch auf einen ETF-Sparplan setzen. Bei einem ETF, kurz für Exchange Traded Fund, handelt es sich um einen Indexfonds, der wie Aktien an der Börse gehandelt wird. So ein ETF bildet einen Index nach, zum Beispiel den Dax oder den MSCI World, der weltweit über 1600 Unternehmen umfasst. Steigt der Index, steigt auch der Wert des ETF, fällt der Index, fällt der Wert des ETF.

Anleger sollten diese Schwankungen aushalten können. ETF sind etwas für langfristig orientierte Anleger. „ETF-Sparpläne sind attraktiv“, sagt Schickentanz. Wer einen breit angelegt Index wie dem MSCI World folgen möchte, streut sein Risiko. Wer nur auf einen Aktien-ETF setzt, sollte einen langen Ansparzeitraum vor sich haben, um Kurseinbrüche aussitzen zu können. Üblicherweise sei ein scharfer Einbruch am Aktienmarkt nach fünf Jahren von den Zahlen her aufgeholt.