Der Dax erklimmt ständig neue Rekordhöhen. Doch viele Sparer in Deutschland machen weiter einen Bogen um Aktien. Dabei sehen Experten trotz der Kursgewinne der letzten Monate noch keine Anzeichen für eine gefährliche Blase.

Frankfurt - Es war natürlich reiner Zufall, dass der Deutsche Aktienindex (Dax) ausgerechnet am „Tag der Aktie“ die Marke von 12 000 Punkten durchbrochen hat. Nachdem das Kursbarometer schon am frühen Vormittag die Grenze überschritten hatte, kletterte es stetig weiter, erreichte in der Spitze sogar mehr als 12 100 Punkte. Absehbar war es für die Profis schon, dass der seit neun Monaten anhaltende Aufwärtstrend bei den Kursen der Marketingaktion, die von der Deutschen Börse und einigen Online-Brokern für den Montag geplant war, Rückenwind geben könnte. Laut einer Studie der „Aktion pro Aktie“ schätzen viele Deutsche die Geldanlage in Aktien als „zu risikoreich“ ein oder denken, dass sie „nur etwas für Reiche“ sei. 22 Prozent der Befragten sagten aber, dass sie sich bei günstigen Gebühren eher vorstellen könnten, ihr Geld in Aktien zu investieren. Daher verzichteten Direktbanken wie die Comdirect, Consorsbank, die DAB oder die ING-Diba am gestrigen Montag auf die üblichen Ordergebühren sowie auf eigene und fremde Spesen. Um die Vergünstigungen zu bekommen, mussten die Anleger eine Order von mindestens 1000 Euro tätigen und diese über den Handelsplatz Frankfurt abwickeln.

 

Vielen ist Sicherheit wichtiger als Rendite

Die Rahmenbedingungen für eine solche Aktion sind derzeit ideal. Auf Sparprodukte werden Minizinsen gezahlt, zeitgleich eilt der Dax von einem Rekord zum nächsten. Die Europäische Zentralbank flutet die Märkte mit billigem Geld. All diese Voraussetzungen waren bereits im vergangenen Jahr gegeben – und trotzdem hat dies bisher nicht zu einem Umdenken in den Köpfen der sicherheitsorientierten Deutschen geführt. Allein 2014 haben rund eine halbe Million Deutsche dem Aktienmarkt den Rücken gekehrt, wie das Deutsche Aktieninstitut (DAI) mitteilte. Die DAI-Chefin Christine Bortenlänger spricht angesichts dieser Entwicklung von einem „herben Rückschlag für die Aktienkultur“. Das Interesse der Bundesbürger sei in etwa  wieder auf das niedrige Niveau während  der Finanzkrise gesunken. Seit dem Höchststand im Jahr 2001 haben sich den Angaben zufolge fast 4,4 Millionen Anleger von Aktien und Aktienfonds getrennt. Lediglich 8,4 Millionen Deutsche – rund 13 Prozent der Bevölkerung – waren dem DAI zufolge 2014 noch in diesen Papieren engagiert.

Der Hauptgrund für die Zurückhaltung der deutschen Anleger am Aktienmarkt liegt nach Einschätzung von Experten in dem Platzen der Internetblase im März 2000. Damals ging es um bis zu 90 Prozent bergab, viele Kleinanleger verloren große Teile ihres Vermögens. Auf den ersten Blick wirkt der Markt ähnlich überhitzt wie damals, da der Kursanstieg der vergangenen Monate hauptsächlich auf die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank und die niedrigen Zinsen zurückzuführen ist, die andere Anlageformen unattraktiv gemacht haben. Auch der deutlich gesunkene Eurokurs treibt die Fantasie der Anleger, da dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie steigt. Mit über 12 000 Punkten notiert der Dax zudem über dem damaligen Rekordstand. Doch die Dax-Stände lassen sich nicht ohne Weiteres vergleichen.

In den Dax gehen auch die Dividenden ein

Anders als etwa der amerikanische Dow Jones ist der Dax kein Kurs-, sondern ein Performance-Index. Das heißt, dass der Stand für den Dax nicht ausschließlich aufgrund der Aktienkurse ermittelt wird. So werden Dividenden, die von den im Dax enthaltenen Unternehmen ausgeschüttet werden, in den Indexstand einkalkuliert. Dadurch steigt der Dax auch dann, wenn die Aktienkurse der Firmen sich nicht verändern. Für Anleger ist daher auch die Dividendenrendite ein wichtiger Maßstab. Dabei wird die Ausschüttung ins Verhältnis zum Aktienkurs gesetzt. Der Dax-Kursindex, also der Dax ohne Dividenden, liegt gegenwärtig bei rund 6150 Punkten. Das ist weniger als in der Boomphase zur Jahrtausendwende – allerdings nähert sich auch der Kurs-Dax seinem bisherigen Rekordhoch von 6266 Punkten aus dem Jahr 2000.

Beobachter tun sich auch schwer, von einer Blase am deutschen Aktienmarkt zu sprechen. Der Grund: das Kurs-Gewinn-Verhältnis. Heute weisen die Dax-Konzerne wesentlich höhere Gewinne aus als damals. Im Jahr 2000 lag das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Dax etwa bei 30. Das heißt, die Kurse waren 30-mal so hoch wie die zusammengerechneten Jahreserträge der Unternehmen. Aktuell dagegen liegt das KGV im Dax bei etwa 14, also nur halb so hoch wie damals. Damit bewegt sich das Dax-KGV sogar unter seinem langjährigen Mittelwert. Seit 1980 lag das durchschnittliche KGV bei rund 19. Demnach hätten die Kurse noch Luft nach oben.