Die Partnerschaft mit Gazi dürfte im Sommer enden, weil der Aufwand für das Unternehmen zu groß ist. Der Verein sucht nach Alternativen.

Stuttgart - Offiziell darf Gerd Mäuser nichts wissen. "Es haben noch keine Gespräche über die Weiterführung unserer Partnerschaft stattgefunden", sagt der Präsident des VfB Stuttgart - und meint: offizielle Gespräche. Und inoffizielle? Eigentlich müsste er einen Draht zu Eduardo Garcia haben. Beide saßen bis Juli im Aufsichtsrat des Clubs - Mäuser als Vertreter seines früheren Arbeitgebers Porsche, Garcia als Inhaber des VfB-Hauptsponsors Gazi. Man kennt sich also und ist sich vertraut. Deshalb dürfte Mäuser nicht ganz so ahnungslos sein, wie er offiziell erklärt.

 

Nach StZ-Informationen wird die Kooperation zwischen Gazi und dem VfB höchstwahrscheinlich im Juni beendet, wenn der Vertrag ausläuft. Bis 31. Dezember können zwar beide Seiten noch die Option für eine weitere Saison ziehen, aber dass dies passiert, ist sehr unwahrscheinlich. Alles deutet darauf hin, dass ein einvernehmlicher Schlussstrich gezogen wird. Das würde auch Mäuser kaum überraschen - von Garcia nicht zu reden. "Wir arbeiten mit dem VfB glänzend zusammen", sagt er - höchst offiziell selbstverständlich.

Zwei Jahre sind genug

Zumindest ihm dürfte nicht neu sein, was der Flurfunk in seinem Haus schon seit einer ganzen Weile verbreitet. Demnach ist das Kapitel faktisch zwar noch nicht definitiv abgeschlossen, aber doch so gut wie erledigt. Zu hören ist auf den Gängen von Gazi, dass der Aufwand für das im Vergleich zu anderen Hauptsponsoren in der Bundesliga relativ kleine Unternehmen gewaltig sei. Der finanzielle Aspekt sei dabei noch das Geringste, obwohl die Firma stolze sechs Millionen Euro pro Saison an den VfB überweisen muss und obwohl über den Werbeetat von Gazi auch noch die Stuttgarter Kickers und der Trainer Christoph Daum unterstützt werden.

Vielmehr bezieht sich der enorme Aufwand auf den zeitlichen und personellen Kraftakt, der zu stemmen ist, um die Verbindung zum VfB mit Leben zu füllen. Das erfordere sieben Tage in der Woche den vollen Einsatz aller und übersteige auf Dauer die Werkskapazitäten, heißt es. Anders ausgedrückt: zwei Jahre sind genug. Für mehr fehlt die Arbeitskraft, mehr erlaubt die Substanz nicht, wenn das Wohl des Betriebs nicht gefährdet werden soll.

Schließlich beschäftigt der Milchproduktehersteller mit Sitz in Stuttgart-Wangen nur rund 50 Mitarbeiter. Da sind sogar auf der Geschäftsstelle des VfB viel mehr Personen angestellt, nämlich etwa 250. Auch der Jahresumsatz von Gazi ist mit 100 Millionen Euro kaum höher als beim VfB. So stößt Garcia an seine Grenzen.

Nachfolgekandidat sind die Turkish Airlines

Darauf müssen sich Mäuser und die Marketingfachleute beim VfB einstellen. "Wir würden unseren Job ja nicht gut machen, wenn wir nicht am Markt wären", sagt der Präsident. Der Verein sucht nach Alternativen, um nicht mit leeren Händen dazustehen, wenn aus dem Flurfunk bei Gazi eine Nachricht wird. Dabei war der VfB vor zwei Jahren in einer ähnlichen Situation, als sich das Ende der Partnerschaft mit dem Energiekonzern EnBW abzeichnete. Im Sommer 2010 ist es dann gelungen, in Gazi einen neuen Hauptsponsor zu verpflichten, ohne den alten zu verlieren, der finanziell eine Klasse tiefer eingebunden werden konnte. So kassierte der VfB unter dem Strich sogar mehr Geld als zuvor.

Das wäre auch das Ziel, wenn die Ära von Gazi vorbei ist. Ein Nachfolgekandidat sind die Turkish Airlines, die beim FC Barcelona und bei Manchester United im Boot sitzen. Mit der Fluggesellschaft hat der VfB schon vor zwei Jahren verhandelt. Womöglich werden die Beziehungen hinter den Kulissen bereits aufgefrischt. Aber offiziell bestätigen könnte Mäuser das nicht.

Die Hauptsponsoren der Fussball-Bundesligisten

FC Bayern Telekom, bis zu 20 Millionen Euro pro Jahr

VfL Wolfsburg Volkswagen, bis zu 20 Millionen Euro

Schalke 04 Gazprom, rund 16 Millionen Euro

Werder Bremen Targobank, rund 10 Millionen Euro

Borussia Dortmund Evonik, bis zu 9,5 Millionen Euro

Hamburger SV Emirates, rund 7 Millionen Euro pro Jahr

Bayer Leverkusen Sunpower, rund 6 Millionen Euro

VfB Stuttgart Gazi, bis zu 6 Millionen Euro

1899 Hoffenheim Suntech, rund 4,5 Millionen Euro

Hertha BSC Deutsche Bahn, rund 4,5 Millionen Euro

Bor. Mönchengladbach Postbank, rund 4 Millionen Euro

1. FC Köln Rewe, bis zu 4 Millionen Euro

1. FC K’lautern Allg. Latschenkiefer, rund 4 Millionen Euro

1. FSV Mainz 05 Entega, rund 3 Millionen Euro

Hannover 96 Tui, rund 3 Millionen Euro

1. FC Nürnberg Areva, rund 3 Millionen Euro

SC Freiburg Ehrmann, rund 2,5 Millionen Euro

FC Augsburg Alko, rund 1 Million Euro