Die US-Notenbank verzichtet vorerst auf eine Zinserhöhung. Geld bleibt also auch in den Vereinigten Staaten billig. Doch noch vor Jahresende dürfte die Fed die Zügel anziehen.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Seit neun Monaten geht die US-Notenbank Federal Reserve mit Plänen für eine Zinserhöhung schwanger – und ist noch immer nicht so weit: Die Fed ließ ihren Leitzins am Mittwochabend unverändert. Zwar gebe es gute Argumente für eine Erhöhung, man wolle aber sichergehen, dass die Wirtschaft auf Kurs bleibe, teilte die Notenbank in Washington mit. Beobachter rechnen nun mit einer Zinserhöhung im Dezember, da sich die Fed vor der US-Präsidentschaftswahl im November wahrscheinlich zurückhalten werde.

 

Vorerst bleibt Geld damit auch in den Vereinigten Staaten billig: Die Zielvorgabe der Fed für den Leitzins liegt seit Dezember 2015 bei 0,25 bis 0,5 Prozent. In dieser Bandbreite liegen die Zinsen, für die Geschäftsbanken in den USA einander über Nacht Geld leihen – entsprechend bleiben auch Kredite an Unternehmen und Verbraucher günstig. Die europäischen Börsen reagierten mit kräftigen Kurssprüngen: Der deutsche Aktienindex Dax legte am Donnerstag um gut zwei Prozent zu, ebenso der Euro Stoxx 50. In diesem Index sind die Aktien der 50 größten börsennotierten Konzerne der Eurozone vertreten. Auch die Wall Street eröffnete freundlich.

Der US-Dollar dagegen gab gegenüber dem Euro um 0,5 Prozent nach. Niedrige Zinsen mindern tendenziell die Rentabilität von Geldanlagen in einem Währungsraum; deshalb schwächte der Verzicht auf eine Erhöhung den Greenback. Analysten zeigten sich über die Marktreaktion dennoch verwundert: Da die Fed offenkundig eine Zinserhöhung noch in diesem Jahr plane, sollte der Dollar eigentlich steigen, kommentierten die Devisenexperten der Commerzbank. Doch die US-Notenbank habe nun schon so oft eine Straffung ihrer Geldpolitik vertagt, dass Ankündigungen allein nicht mehr ausreichten: „Im Pokern würde man sagen: Der Markt will sehen“, schrieben die Commerzbanker.

Das Lager der geldpolitischen Falken wächst

Immerhin stimmten am Mittwoch bereits drei der sieben Notenbanker im Offenmarktausschuss, dem wichtigsten Entscheidungsgremium der Fed, für eine sofortige Zinserhöhung. Bei der vorherigen Sitzung im Juli hatte es nur eine einzige Stimme dafür gegeben. Auch der Analyst Rudolf Bersch von der Dekabank rechnet daher mit einem Zinsschritt im Dezember, ähnlich äußerten sich Beobachter der Deutschen Bank, der Allianz und der französischen Großbank Société Générale.

Nach Auffassung des Commerzbank-Analysten Bernd Weidensteiner ist eine Zinserhöhung in den USA überfällig. Andernfalls drohe eine Überhitzung der Wirtschaft, warnt Weidensteiner: Die Börsenrallye der vergangenen Jahre und die Erholung der Immobilienpreise habe das Bruttovermögen der privaten Haushalte auf 750 Prozent der verfügbaren Einkommen anschwellen lassen. „Es ist beinahe wieder so hoch wie auf dem Höhepunkt der Immobilienblase 2005/06.“ Zwar hätten die US-Haushalte seither Schulden abgebaut. Doch auch das Platzen einer reinen Vermögensblase könne „schmerzhafte Folgen haben“, schreibt Weidensteiner. Dies habe der weltweite Crash von Technologie-Aktien zur Jahrtausendwende gezeigt.