Sechs Männer von der evangelischen Kirchengemeinde Birkach haben sich zum gemeinsamen Kochen getroffen.

Birkach - Normalerweise ist Martin Baier nicht so leicht zum Weinen zu bringen. Der 66-jährige Pfarrer in Rente hat schon viel erlebt. Doch gegen die Schärfe der Zwiebel hat Baier keine Chance. Schniefend steht er am Schneidebrett und kämpft tapfer gegen die Tränen an, während er das Gemüse sorgfältig in kleine Stücke zerteilt.

 

An diesem Mittwochvormittag ist Baier einer von sechs Männern, die sich in der Küche des evangelischen Gemeindehauses zum ersten Mal zum gemeinsamen Kochen getroffen haben. Wie die meisten seiner Mitstreiter hat Baier nicht viel Ahnung davon, wie er Schnitzel und Co. zubereiten soll. „Obwohl ich schon mal einen Männerkochkurs beim Degerlocher Frauenkreis mitgemacht habe“, wie er lächelnd betont.

Das ist bei Klaus Hägele anders. „Ich bin am Kochtopf aufgewachsen, meine Eltern hatten ein christliches Hospiz“, erzählt der 65-Jährige, der bis zum Ruhestand das Haus Birkach geleitet hat. Außerdem schaut Hägele sich gern die Sendungen des Starkochs Vincent Klink an. Weil er dabei eine Menge gelernt hat und das auch weitergeben will, hat er die Männerkochgruppe ins Leben gerufen.

Ihre Mitglieder haben alle in der einen oder anderen Form mit der Kirche zu tun, kennen sich aus den Ehrenämtern, die sie dort bekleiden. Heute kümmern sie sich aber mal nicht darum, dass bei den Evangelischen alles glatt läuft, sondern dass bald ein asiatisches Reisgericht mit Gemüse auf dem Tisch steht. „So kann man den Haushalt der Gemeinde auch verstehen“, scherzt einer von ihnen.

Auch Martin Dellit ist mit von der Partie. In seiner Freizeit ist er Vorsitzender des Kirchengemeinderats. Die knallrote Schürze, die der 65-Jährige anhat, trägt in riesigen Buchstaben die Aufschrift „Martin kocht“. „Hab ich zum Ruhestand geschenkt gekriegt“, berichtet er, während er Walnüsse für den Salat knackt. Doch die professionelle Aufmachung der Schürze täuscht: Dellit ist der absolute Anfänger in der Gruppe. „Ich bin heute der Stift hier“, sagt er. „Aber ich kann immerhin nach Anweisung arbeiten.“

Letzteres gilt ebenso für seinen Mitstreiter Michael Haage, der von den anderen nur „Mike“ gerufen wird. „Muss ich die Champignons waschen?“, fragt er in die Runde. „Nein, sonst saugen sie sich voll wie ein Schwamm“, erklärt ihm Ewald Schöch.

Der ist mit seinen 80 Jahren nicht nur der Senior in der Herrenrunde, sondern auch der Mann, der am meisten Erfahrung am Herd mitbringt. Das liegt daran, dass Schöch seit fast zehn Jahren allein lebt und nicht nur für sich selbst, sondern auch regelmäßig für seine Kinder und Enkel kocht. „Da sind dann manchmal 18 Leute da“, erzählt er stolz. „Und außerdem war der Ewald früher bei Feinkost Böhm, der kennt sich also aus“, wirft einer von der Seite ein, was in der Runde für großes Schmunzeln sorgt.

Überhaupt ist die Stimmung ausgelassen an diesem Vormittag. Das liegt nicht nur am Weißburgunder, der zum Kochen und später auch zum Essen gereicht wird. Die Chemie stimmt zwischen den älteren Herren, das ist deutlich zu spüren. „Was tust du da rein? Hahnenwasser?“, fragt Michael Haage, als Klaus Hägele ein Glas klarer Flüssigkeit zum Schmorgemüse gibt. „Nö, Kirschwasser“, kommt prompt die ironische Antwort, begleitet vom Gelächter der anderen Teilnehmer.

Als sich schließlich alle gemeinsam am Tisch niederlassen, den zuvor der Jüngste in der Runde, der 51-jährige Peter Keller, gedeckt hat, ist der Stolz über das Vollbrachte fast mit Händen zu greifen. Schüsseln werden hin- und hergereicht, Reis verteilt, Gemüse und Soße ausgegeben. Die Pfarrerin Ursula Wilhelm, die bei ihrem Antrittsbesuch in der Gruppe an diesem Tag zum Essen eingeladen ist, ist voll des Lobes über das, was vor ihr auf dem Teller liegt – und das, obwohl sie als Absolventin eines hauswirtschaftlichen Gymnasiums sonst besonders kritisch ist.

Die Herren selbst sind trotz kleiner Einwände zufrieden mit ihrem asiatischen Reisgericht – auch wenn sie im Eifer des Gefechts am Ende den Knoblauch und den Ingwer vergessen haben. „Das Gemüse hätte etwas bissfester sein können. Schließlich kaut man ja ganz gerne, solange man noch eigene Zähne hat“, bilanziert Martin Dellit. Dennoch darf am Ende getrost gelten, was Michael Haage über das Essen sagt: „Viele Köche haben den Brei nicht verdorben.“