Die eritreische Gemeinde hat in der evangelischen Gnadenkirche einen Ort für ihre Gottesdienste gefunden. Ein Glücksfall.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Heumaden - Nach der Zeremonie müssen die Eritreer erst mal lüften. Sie wollen nicht, dass sich irgendeiner über Weihrauchschwaden in der Kirche beschwert. Schließlich ist die eritreische Gemeinde nur Gast im evangelischen Gotteshaus an der Bockelstraße. Und Weihrauch ist nicht jedermanns Sache. So sagt es Tesrazghi Ananias, der so etwas wie der Kümmerer der exotischen Gemeinde ist.

 

Jeweils sonntags treffen sich seit dem Jahr 2004 in Heumaden Eritreer, die den orthodoxen Glauben teilen. Sie haben keine eigene Kirche, bei 100 bis 150 Mitgliedern würde sich das nicht lohnen.

Der Gottesdienst „dauert bei uns mindestens drei Stunden“, sagt der 67-jährige Ananias aus Ruit. Deshalb beginnen die christlichen Rituale bereits zur frühen Morgenstunde, nämlich um 6 Uhr. So zeitig sind aber nur die Hartgesottenen da, sagt Tesrazghi Ananias. Er zum Beispiel und drei, vier andere. Der frühe Beginn habe einen Vorteil. Wäre der Gottesdienst mittags, „dann ist der Magen voll“, sagt er. „Wie soll man da beten?“ Daher klingelt der Wecker im Morgengrauen.

Bevor die Eritreer in Heumaden Unterschlupf gefunden haben, hat Ananias oft den Gottesdienst in der evangelischen Kirchengemeinde in Sillenbuch besucht. An den Sonntagen hat er sich allerdings oft wie ein Einzelgänger gefühlt. „Ich verstehe die Sprache nicht so gut“, sagt er. Wie Ananias geht es wohl vielen seiner Landsleute, oder aber sie hören die Sätze aus der Bibel einfach gern in ihrer Muttersprache.

Mit dem Pfarrer ist es neuerdings leichter geworden. Die eritreische Gemeinde hat nun einen Geistlichen aus Stuttgart, es gab Zeiten, da ist ein Pfarrer aus Frankfurt angereist, erzählt Ananias.

Die Gnadenkirche ist für die Mini-Gemeinde also ein Glücksfall. „Ich sehe das hier wie mein Haus“, sagt Tesrazghi Ananias. Er hat die Schlüssel, er putzt und räumt auf, etwa dreimal die Woche fährt er von Ruit nach Heumaden, um zu beten, aber auch, um nach dem Rechten zu sehen. „Es ist wie ein Hobby“, sagt er.

Die Gemeindemitglieder fühlen sich seither besser vernetzt. „Wir haben mehr Kontakt“, sagt er. Die Gläubigen kommen aus der ganzen Region, zum Beispiel aus Tübingen, Pforzheim und Esslingen. Sie alle verbindet der Glaube und die Herkunft.

Ananias hat Eritrea 1979 verlassen. Etwa 25 Kilometer von der Stadt Asmara entfernt war er Automechaniker, er hat in einer Fabrik für Fräsmaschinen gearbeitet. Ende der 1970er kam er als Asylbewerber nach Deutschland. Den ersten Monat schlief Ananias im Hotel, sagt er. Bei seiner Ankunft in Stuttgart lag Schnee, erzählt er. Den kannte er bis dato nur aus dem Fernsehen. Bereits nach einem Jahr habe er Asyl in Deutschland erhalten, seine Familie ist 1981 nachgekommen. Zwei seiner Kinder sind in Eritrea geboren. Insgesamt hat er fünf. „Ich bin ein reicher Mann“, sagt er. Dafür wird er Gott sicherlich das ein oder andere Mal gedankt haben, wenn er in Heumaden saß.