Eigentlich hätten die Hochdorfer im kommenden Frühjahr abstimmen, ob sie eine verbindliche Ganztagsschule oder flexible Schulkindbetreuung haben wollen. Jetzt hat der Gemeinderat diesen Plan gekippt.

Hochdorf - Eine klassische Halbtagsschule, eine rhythmisierte Ganztagsschule in verbindlicher oder Wahl-Form, ein ausschließlich flexibles Betreuungsangebot oder eines in Kombination mit einer rhythmisierten Ganztagsschule: Diese Möglichkeiten liegen seitens des Landes auf dem Tisch. Die Schulkonferenz spricht sich für die Wahl-Form aus. Eine Elternbefragung zeigte, dass eine Mehrheit die Weiterentwicklung der kommunalen flexiblen Schulkindbetreuung favorisiert. Nachdem die Kultusministerin im Mai 2017 Überlegungen äußerte, die Wahl-Form abzuschaffen, beschloss die Mehrheit des Gemeinderats eine verbindliche Ganztagsschule, die man für das Schuljahr 2020/2021 beim Staatlichen Schulamt beantragen wollte. Daraufhin bildete sich eine Elterninitiative und sammelte Unterschriften für einen Bürgerentscheid im Frühjahr 2018. Im Januar 2018 dann der Kompromiss: Im Frühjahr 2021 sollen die Hochdorfer bei einem Bürgerentscheid abstimmen können, ob sie eine verbindliche Ganztagsschule oder flexible Schulkindbetreuung haben wollen.

 

Jetzt hat der Gemeinderat mit der dafür notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit diesen Kompromiss wieder gekippt. Dem Beschluss zugrunde lag ein Antrag der Fraktion Die.Mitte, die alten Beschlüsse zurückzunehmen. Birgit Wiesenhütter (Die.Mitte) erklärte, man wolle den Bürgern nicht das Entscheidungsrecht aus der Hand nehmen. Ziel sei vielmehr ein „grundsätzlicher Neustart“. Die Freien Wähler hatten einen Alternativ-Antrag vorbereitet, für den sich zudem Bürgermeister Gerhard Kuttler nachdrücklich aussprach.

Gemeinderat ringt um Vertrauen

Der Antrag der Freien Wähler sieht vor, weiterhin zwingend einen Bürgerentscheid beizubehalten, egal für welche Varianten am Ende Konzepte vorliegen. Andrea Osthues (Freie Wähler) betonte, auf einen noch früheren Bürgerentscheid sei nur verzichtet worden, weil es im Januar einstimmig zum Kompromiss gekommen war: „Dieses Versprechen soll nun gebrochen und den Bürgern das Entscheidungsrecht wieder genommen werden. Das ist sehr enttäuschend.“ Ein Zurücksetzen auf Null sei nicht nötig, zumal die Schule jederzeit unabhängig von der Gemeinde ihr Betriebskonzept erarbeiten könne.

CDU, SPD und Grüne folgten letztlich dem Antrag der Mitte. Markus Krämer (CDU) erklärte, bis heute lägen keine entscheidungsfähigen Konzepte vor, auch die Rahmenbedingungen hätten sich geändert. Ganz zentral sei eine Zusammenarbeit von Schule und Schulkindbetreuung, „kein Konkurrenzdenken“. Beate Schmid (SPD) plädierte für eine neue Schulentwicklung, bei der Schule, Schulkindbetreuung und Eltern zusammenarbeiten können. Doris Dirmeier (Die Grünen) ergänzte, beim Bürgerentscheid sei es neben einer flexiblen Schulkindbetreuung nur um die Form der Pflicht-Ganztagsschule gegangen. Und die wolle keiner haben. Sie sprach sich dafür aus, dass alle Akteure gemeinsam ein Konzept erarbeiten. Bürgermeister Gerhard Kuttler, der wie die Freien Wähler gegen den Antrag der Mitte stimmte, betonte: Genau dieses Zusammenwirken und das Öffnen aller Wege sehe der Antrag der Freien Wähler vor. „Ich hoffe sehr, dass sich die Mehrheit des Gemeinderats doch noch eines Besseren besinnt und den Alternativ-Antrag oder einen anderen Vorschlag berät und beschließt, der grundsätzlich einen Bürgerentscheid beinhaltet.“ Nur so könne der Gemeinderat Vertrauen zurückgewinnen. Vertreter der Bürgerinitiative können die Entscheidung des Gemeinderat, wie aus einer Stellungnahme hervorgeht, grundsätzlich nachvollziehen. Es sei ohnehin nicht möglich, bis zum nächsten Frühjahr ein Konzept zu erstellen. Vorrang hätte angesichts der Corona-Pandemie die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs.

Allerdings sei der Gemeinderat als gewählter Vertreter der Bürgerschaft seiner Aufgabe nicht nachgekommen: „Drei Viertel der Eltern hatten sich ausdrücklich gegen eine Ganztagsschule ausgesprochen. Knapp 700 Unterschriften innerhalb von drei Tagen für einen Bürgerentscheid untermauern diese Forderung nach direkter Demokratie nachhaltig“, heißt es in der Erklärung der Bürgerinitiative. „Wir finden es zutiefst schade, einen bereits zugesagten Bürgerentscheid heimlich, still und fast leise wieder einzukassieren.“ Zum Wohle der Kinder müsse eine Entscheidung getroffen werden, die die Meinung einer Mehrheit widerspiegele, unterstreicht die Initiative.