Nach der CDU haben nun auch die Grünen bestätigt, eine Vereinbarung für die Haushaltsberatungen getroffen zu haben. Die SPD will das Papier sehen, der linke und rechte Flügel schlägt vor, die Beratungen einzustellen, da eh alles entschieden sei.

Stuttgart - Das Bekanntwerden der schriftlichen Vereinbarung zwischen CDU und Grünen zu den Haushaltsberatungen (die StZ berichtete exklusiv) hat die übrigen Gemeinderatsfraktionen verärgert. Die beiden größten Fraktionen können nun ihre 177 Anträge durchbringen und den Etatentwurf von OB Fritz Kuhn (Grüne) ohne Änderung passieren lassen. Das Forderungspaket hat einen Umfang von 85 Millionen Euro. Die Finanzierung erfolgt durch eine Neuverschuldung. Die Stadt hat aber auch ohne diese Maßnahmen schon 250 Millionen Euro Kredite für die nächsten zwei Jahre geplant.

 

Nach CDU-Fraktionschef Alexander Kotz räumten auch die Grünen den Handel ein: „Wir haben in der Tat für die Beratungen im Doppelhaushalt eine präzise Vernunftvereinbarung mit der CDU getroffen“, so Fraktionschefin Anna Deparnay-Grunenberg. Die Ausgaben im Rahmen zu halten, wäre mit „keiner der vorhandenen Kombinationen machbar“ gewesen.

Keine Auswirkung auf die Landtagswahl

Beim Grünen-Landesverband will man der schwarz-grünen Konvergenz keine über die Stadtgrenzen hinausgehende Bedeutung beimessen. „In der Kommunalpolitik gibt es, insbesondere wenn es um den Haushalt geht, wechselnde Mehrheiten“, sagt Landeschefin Thekla Walker. „Für die Landespolitik hat das gar nichts zu sagen“, so die ehemalige Stadträtin. „Wir kämpfen für die Fortführung der erfolgreichen Arbeit der grün-roten Koalition.“ Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann hält es für „vernünftig, dass sich die größten Fraktionen zum Wohle der Stadt zusammentun“. Man habe trotz politischer Unterschiede doch viele Schnittmengen.

Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) ist „froh über diese „Kooperation der Vernunft“. So lasse sich vermeiden, dass die Fraktionen die meisten der 600 Anträge genehmigten und erst der Kassensturz vor der dritten Lesung für die nötige Ernüchterung sorge. Der Umfang des Pakets schrecke ihn nicht. Man werde sehen, ob das noch in den Rahmen passe, wenn die Steuerschätzungen vorgenommen und der Zuschuss fürs Klinikum ermittelt worden seien. Die Freien Wähler meinen, es sei das gute Recht der beiden stärksten Fraktionen, eine stabile Mehrheit zu bilden. Ärgerlich sei nur, dass CDU und Grüne auf Einsparvorschläge verzichtet hätten.

SPD will die Vereinbarung lesen

Martin Körner (SPD) hatte im Vorfeld mit der CDU, den Grünen und auch mit SÖS-Linke-Plus erfolglos Sondierungsgespräche geführt. Nun werde man sehen, „was noch möglich ist“. Er fordert mehr Wohnungsbau sowie Kinder- und Familienzentren. Und er wünscht sich mehr Transparenz: „CDU und Grüne sollten ihre Vereinbarung öffentlich machen, damit wir wissen, über was es sich noch zu reden lohnt.“ Er würde dann lesen, dass sich Union und Grüne je 100 000 Euro genehmigt haben, um kleine Wünsche der anderen Fraktionen zu erfüllen. „Wenn das alles ist, bräuchten wir wirklich nicht zu verhandeln“, sagt Körner dazu.

Zu dieser Ansicht ist auch Bernd Klingler (AfD) gelangt: „Die Haushaltsberatungen sind eine Farce.“ Man möge sie absagen und das dann eingesparte Sitzungsgeld für wichtige Projekte einsetzen. Da CDU-Chef Kotz kürzlich vom „Königsrecht“ des Gemeinderats gesprochen habe, „hat er sich nun selbst gekrönt“.

„Sparen wir uns die erste und zweite Lesung“

Christoph Ozasek (SÖS-Linke-Plus) stieß auf Kotz’ Facebook-Seite ins selbe Horn: „Ach Alex, wir können uns doch einfach die erste und zweite Lesung sparen. Ist doch sowieso nicht-öffentlich. Ihr habt ja schon alles ausgedealt. Dann könnt ihr der SPD und den Freien Wählern das sechsstellige Klimpergeld hinwerfen, damit sie noch ein paar Projektle finanziert bekommen – und gut ist.“

Für Fraktionschef Hannes Rockenbauch haben die Grünen die rechnerisch mögliche öko-soziale Mehrheit „aufgegeben“. Dies erleichtere den Weg für Schwarz-Grün im Land. Eine Einschränkung des Autoverkehrs sowie der Ausbau von ÖPNV und Radwegen gerate aus dem Blick. „Wir werden uns verstärkt auf außerparlamentarische Bündnisse konzentrieren, um unsere Forderung nach 1000 Wohnungen pro Jahr durchzusetzen“, betonte Rockenbauchs Fraktionskollege Thomas Adler.