In Corona-Zeiten setzt der Gemeinderat bis auf zwei alle anderen Tagesordnungspunkte ab. In Bezug auf die Realschule ist allerdings eine rasche Entscheidung nötig. Wegen Asbest muss das Gebäude dringend saniert werden.

Renningen - Es wirkt wie ein Bild aus einer Abiturprüfung: Die Tische im Saal des Renninger Bürgerhauses stehen weit auseinander und sind alle nach vorne ausgerichtet. Die Gefahr, dass hier einer vom anderen abschreibt, ist wohl eher gering. Doch wegen der Corona-Pandemie sollen die Anwesenden einen möglichst großen Abstand zueinander einhalten.

 

„In so einer Sitzordnung waren wir noch nie zusammen“, leitet der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt die Ratssitzung am Montagabend ein, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Nur die Presse ist zugelassen. Man habe lange überlegt, ob man die Sitzung überhaupt einberufen solle. „Aber es gibt wichtige Vergaben, für die wir ein Votum brauchen. Die Fassade der Realschule ,brennt‘ wegen der Asbest-Thematik, und auch die Rankbachhalle muss dringend dachsaniert werden.“ Alle weiteren Punkte werden von der Tagesordnung gestrichen, unter anderem das Klimaschutzkonzept und die Unterstützung der Initiative „Seebrücke“.

Die Zahlen, um die es bei der Realschule geht, sind durchaus nicht ohne. Das Gebäude soll sowohl saniert als auch erweitert werden. Vor einiger Zeit wurde in den Wänden der Schule jedoch Asbest entdeckt, was die Sanierung extrem aufwendig macht. Die Kosten für Planung und Umsetzung schätzt die Verwaltung auf 9,3 Millionen Euro – also fast so viel wie für die neue Sporthalle. Die Kosten sollen auf die Haushalte der Jahre 2020, 2021 und 2022 verteilt werden.

Preisdifferenz nicht sehr hoch zwischen den Bewerbern

Wegen der hohen Summe wird das Honorar für die Architekten auch entsprechend hoch sein. Deshalb war eine europaweite Ausschreibung notwendig. Drei Architekturbüros haben ein Angebot eingereicht. Die Auswertung der Angebote konnte bis zum Zeitpunkt der Sitzung allerdings noch nicht abgeschlossen werden. Der Gemeinderat erteilt am Montagabend der Stadt daher eine Vollmacht, das Architekturbüro auszuwählen, das nach dem Punktesystem der Verwaltung am besten abschneidet.

Jürgen Lauffer von den Freien Wählern erkundigt sich derweil nach der Preisdifferenz. Die ist wohl bei allen dreien ähnlich, bei zwei Büros sogar identisch, da die sich Summe für gewöhnlich an den Projektkosten bemisst. Nur ein Büro weicht beim Umbau-Zuschlag ab. Im Ergebnis geht es um rund 650 000 Euro, etwas mehr beim dritten Anbieter.

Bei der Rankbachhalle besteht noch weniger Diskussionsbedarf. Der Auftrag für die Dachabdichtungsarbeiten geht an die Firma Kraft Dach in Stuttgart für rund 340 000 Euro. Das Angebot liegt damit deutlich unter der Berechnung der Verwaltung, die von 415 000 Euro ausging.

Bis Mai keine Sitzungen mehr

Trotz einiger Wortbeiträge werden die Tagesordnungspunkte ohne Kontroversen abgehakt. Ein Grund, warum Thomas Mauch von der SPD sich anschließend ziemlich verwundert an die Verwaltung richtet: „Diese Entscheidungen hätten wir auch von zu Hause aus treffen können“, moniert er. Sich wegen zwei so klaren Sachen persönlich zu treffen, „das hat keine Vorbildfunktion“. Einen letzten Punkt hat sich der Bürgermeister allerdings für den Schluss unter Verschiedenes aufgespart, der als schriftlicher Beschluss nur schwer zu fassen gewesen wäre, wie er sagt. Es geht darum, wie das kommunalpolitische Leben in Renningen weitergeht.

Der Gemeinderat stimmt mit der Verwaltung überein, dass im Monat April keine Sitzungen stattfinden werden. Falls kurzfristig eine Entscheidung getroffen werden muss, könnte dies über einen schriftlichen Umlaufbeschluss geschehen.

„Auch was den Mai angeht, sieht es kritisch aus“, merkt der Bürgermeister an. Die Entscheidung, ob auch diese Sitzungen vielleicht ausfallen müssen, soll aber erst später getroffen werden. Renningen hat den Haushaltsplan für 2020 noch nicht beschlossen.

Kommunalpolitik in Zeiten von Corona

Viele Gemeinderäte haben ihre Sitzungen wegen der Corona-Krise vorerst ausgesetzt. Doch irgendwie muss das politische Leben weitergehen. Was also sind die Alternativen?

Grundsätzlich sind Ratssitzungen trotz des Kontaktverbots weiter erlaubt. Auch in Weissach hat der Gemeinderat trotz Corona vor Kurzem noch getagt. Um die Gefahr einer Ansteckung aber möglichst gering zu halten, werden meist nur die dringendsten Tagesordnungspunkte behandelt, wie in Weissach der Beschluss über den Haushalt. Andere Tagesordnungspunkte wurden wie in Renningen abgesetzt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Bei einfachen Themen, zum Beispiel einer Bauvergabe, kann ein Beschluss auch ohne vorherige Beratung per Umlaufverfahren schriftlich gefasst werden. Der Beschluss muss dann aber einstimmig fallen, sobald ein Ratsmitglied anders entscheidet, ist eine mündliche Diskussion erforderlich.

In dringenden Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, kann der Bürgermeister allein eine Eilentscheidung treffen. Die Gründe für seine Entscheidung und alle wichtigen Informationen über die Sachlage muss er dem Gemeinderat unverzüglich mitteilen.

A
uch über Video-Schalte via Skype als Alternative zu einem persönlichen Treffen wurde in Renningen nachgedacht. Allerdings geht die Gemeindeordnung grundsätzlich von einer persönlichen Anwesenheit der Gemeinderäte aus, erklärt der Bürgermeister Wolfgang Faißt. „Die Abhaltung von Gemeinderatssitzungen zum Beispiel durch Zuschaltung einzelner oder aller Räte entspricht also nicht dem Sitzungsgedanken und birgt das Risiko, dass entsprechend gefasste Beschlüsse rechtsfehlerhaft sind.“