300 000 Einwohner zählt Chmelnyzkyj, seit dem russischen Angriffskrieg auch 25 000 Flüchtlinge. Stuttgart hat der Kommune langfristige Unterstützung zugesagt.

Der Stuttgarter Gemeinderat hat einer Partnerschaft mit der Ukrainischen Stadt Chmelnyzkyj zugestimmt – bei einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen aus der AfD-Fraktion. Chmelnyzkyj liegt im Südwesten der von Russland mit Krieg überzogenen Ukraine, zählt rund 300 000 Einwohner und laut Stuttgarts OB Frank Nopper (CDU) inzwischen rund 25 000 Flüchtlinge.

 

Als erste Hilfe brachte Stuttgart mit Unterstützung das Gustav-Adolf-Werks über Ungarn 45 Kleingeneratoren und Lebensmittel auf den Weg. Man arbeite vertrauensvoll mit einer reformierten Kirche in der Ukraine zusammen, so Michael Proß, der Geschäftsführer des Werks Württemberg. Inzwischen gebe es konkrete Bedarfslisten. Transporte waren zuvor über die tschechische Partnerstadt Brünn nach Charkiw gegangen, ein Transport auch in die Partnerstadt Lodz für Waisenkinder aus der Ukraine.

Die Front ist weit weg – dennoch Raketen

Die Solidaritätspartnerschaft geht Stuttgart zusammen mit Straßburg und Dresden ein und übernimmt die Koordination. Vor der Abstimmung im Rat wurde eine Videoansprache von Chmelnyzkyjs OB Oleksandr Symchyshin eingespielt. Obwohl die Front rund 1000 Kilometer entfernt sei, schlügen in der Stadt Raketen ein, an Silvester sei eine 22-jährige Frau beim Einkaufen getötet worden, vor wenigen Tagen zwei junge Feuerwehrmänner bei Löscharbeiten. Symchyshin: „Das ist schlimmer als Terrorismus.“

Die eindrückliche Schilderung ergänzte im Ratssaal Symchyshins Stellvertreter Mykola Vavryshchuk. Seit dem russischen Angriff sei mehr als 300 mal Luftalarm in der Stadt ausgelöst worden, jedes Kind wisse, was Krieg bedeute. Tausende Einwohner seien an der Front, „leider haben wir auch viele Verluste“, so Vavryshchuk. Er bedankte sich für das „wichtige Signal der Unterstützung“, man brauche europäische Erfahrungen.

Die CDU hat 1,5 Millionen Euro beantragt

Alle Fraktionssprecher signalisierten ihre Solidarität mit der Ukraine. Es sei „selbstverständlich, dass Deutschland die Ukraine auch militärisch unterstützt“, so Grünen-Sprecher Andreas Winter. Alexander Kotz, CDU, sagte, 1,5 Millionen Euro stünden für Hilfe bereit, und die Grünen hätten sich richtig entschieden. Das Geld hatte die CDU im Oktober 2022 als Winterhilfe beantragt, jedoch nicht für eine einzelne Stadt. Formal beschlossen wurde die Summe bisher nicht.

Jasmin Meergans von der SPD sagte, man habe „zu lange weggeschaut, während Russland seine Aggression aufgebaut hat“. Die Bilder der Gräueltaten seien unerträglich, sagte Hannes Rockenbauch für das Linksbündnis. FDP-Chef Matthias Oechsner sagte, die Ukraine habe das „Recht auf Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmtheit“. Auch Verena Hübsch für die Fraktion Puls und Rose von Stein für die Freien Wähler versicherten ihre Unterstützung. Christian Köhler sagte für die AfD, Friedenslösungen dürften „nicht auf dem Schlachtfeld gesucht werden“, er lehne die Partnerschaft daher ab. Zwei Fraktionskollegen enthielten sich.