Die Fraktionen im Gemeinderat haben nach einigem Ringen einen Kompromiss über die Wohngebühren für Geflüchtete gefunden. Nun aber scheren CDU und Linksbündnis doch wieder aus.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Sozialverwaltung hat einen Satzungsentwurf vorgelegt, der die Nutzungsgebühren in Flüchtlingswohnheimen neu regeln soll. Danach würden Selbstzahler, die Arbeit haben und für ihre Miete selbst aufkommen, für eine Wohnfläche von 4,5 Quadratmetern künftig 193 Euro statt 160 Euro im Monat bezahlen, für sieben Quadratmeter 300 statt vorher 250 Euro. Mit der Erhöhung der Gebührensätze ist gleichzeitig deren Befristung aufgehoben worden.

 

Die neue Satzung soll die nach heftigen Debatten gefundene Regelung ablösen, die noch eine Befristung des verminderten Gebührensatzes auf 18 Monate vorsieht. Dies hat dazu geführt, dass Geflüchtete in Arbeit nach dieser Zeit für die kleine Wohnfläche knapp 390 Euro bezahlen müssen, für sieben Quadratmeter 606 Euro. Für eine Familie mit drei Kindern kommen so sogar rund 1560 Euro im Monat zusammen. Mit den hohen Sätzen erreicht die Stadt einen Kostendeckungsgrad von 89 Prozent. Flüchtlinge, die nur geringe oder keine Einkünfte haben, deren Wohngebühr trägt der Bund. Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann (Grüne) erklärte, der Vorschlag, der mit den Fraktionen ausgehandelt wurde, sei ein Kompromiss. Die Wohngebühren für Selbstzahler sollen auf einer Höhe gehalten werden, dass noch ein Integrationsanreiz besteht, was bei zu hohen Sätzen nicht mehr der Fall wäre. Gleichzeitig sei man „dem Kommunalen Abgabengesetz verpflichtet“. Dass man die Befristung aufgehoben hat, ist der Erkenntnis geschuldet, dass Geflüchtete, auch wenn sie es sich leisten könnten, wegen des Wohnungsmangels oftmals in 18 Monaten keine eigene Bleibe finden.

Ein Spagat unterschiedlicher Ansprüche

Während Grüne (Petra Rühle: „Machbar und sozial verträglich“), SPD (Maria Hackl: „Das ist okay“) und FDP (Sibel Yüksel: „Wir können zustimmen“) den in einem zähen Ringen erreichten Kompromiss akzeptieren, scherten die CDU und das Linksbündnis in der Sozialausschusssitzung am Montag wieder aus. So will die Union auch den neuen Kostensatz befristen, aber auf 36 Monate, wie Maximilian Mörseburg erklärte. Dies solle weiter ein Anreiz zum Ausziehen sein. Und auch ein Druckmittel, um die Verwaltung zu mehr Wohnungsbau zu zwingen. Für „nicht nachvollziehbar“ hält Luigi Pantisano vom Linksbündnis die geplante Erhöhung der Gebühren im Vergleich zur jetzigen Regelung, die Entfristung findet er gut. Für die Stadt gehe es „um wenig Geld“. Pantisano erklärte überdies, die Geflüchteten bräuchten keinen Druck, wer könne, verlasse das Wohnheim von sich aus. Die Verwaltung stellte in Aussicht, die geplante Überprüfung der neuen Satzung schon in drei und nicht erst nach fünf Jahren vorzunehmen. Die Entscheidung in der Sache trifft der Gemeinderat.

Flächenumstellung kostet viele Plätze

Ende August waren in 105 Flüchtlingswohnheimen der Stadt Stuttgart insgesamt 6194 Personen untergebracht. Derzeit läuft dort die Umstellung der Wohnfläche pro Geflüchtetem von 4,5 auf sieben Quadratmeter, wie es das Land vorschreibt. Das bringt die Stadt unter Druck. „Wir sind hier auf Kante“, sagte Sozialamtsleiter Stefan Spatz. Durch die Umstellung sinkt die Zahl der Plätze von rund 7800 auf gut 5100. Das ist ein Minus von 35 Prozent. So sei die Kapazität aus diesem Grund im vergangenen Jahr um 1376 Plätze gesunken. Und 741 Plätze seien wegen der Aufgabe von Objekten etwa für den Wohnungsbau entfallen.