Die Verzögerungen bei der Weiterentwicklung des Otto-Quartiers in Wendlingen lösen Unmut aus. Das Vorhaben der Verwaltung, die Umlandgemeinden bei der Schulsanierung zur Kasse zu bitten, hat den Segen aller Fraktionen im Gemeinderat.
Mit acht neuen Gesichtern startet der Wendlinger Gemeinderat in die neue Legislaturperiode. Mit acht Mitgliedern stellt die CDU die stärkste Fraktion, es folgt die Freie Wählervereinigung (FWV) mit nach wie vor sechs Vertretern. Ordentlich Federn gelassen haben dagegen die Grünen: Stellten sie in der vergangenen Wahlperiode mit sieben Mitgliedern zusammen mit der damals ebenfalls siebenköpfigen CDU noch die stärkste Fraktion, stellen sie nun lediglich noch vier Vertreter im Gremium.
Auch die SPD belegt vier Sitze im großen Ratssaal, immerhin einen mehr als zuletzt. In den kommenden fünf Jahren gibt es trotz angespannter Haushaltslage viel zu tun – und aufzuarbeiten: So sorgt die Verzögerung in Sachen Weiterentwicklung des Otto-Quartiers für reichlich Unmut in der Stadt zwischen Neckar und Lauter.
Otto-Quartier Bereits seit über einem Jahrzehnt dauert die Weiterentwicklung des rund zehn Hektar großen ehemaligen Industriegeländes am westlichen Stadtrand an. Entstehen soll ein attraktives Stadtviertel mit einem Mix aus Gewerbe und Wohnen im Verhältnis 70 zu 30 . Hauptinvestor ist die CG Elementum, die 2019 rund 80 Prozent des Otto-Quartiers von der HOS-Gruppe gekauft hatte. Als im Februar 2022 endlich der städtebauliche Rahmenvertrag zwischen Stadt, HOS und CG Elementum beurkundet wurde, kündigte der Investor den Baustart für Frühjahr 2023 an. „Die bei der CG eingetretenen Verzögerungen sind ausgesprochen ärgerlich“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Ansgar Lottermann. Das Projekt sei für die künftige Entwicklung der Stadt von großer Bedeutung: „Umso bedauerlicher ist, dass der Investor jetzt seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wird und auf der Bremse steht.“ Mit jedem Monat des Stillstands sänken die Hoffnungen bei den Genossen, dass es endlich voran geht, so Lottermann weiter.
Man habe das Projekt von Anfang an eng begleitet, fügt der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kleefeldt hinzu. Insgesamt sei die marktwirtschaftliche Lage für Projektentwickler aber schwierig. „Der Investor ist unter anderem sicher durch die Entwicklungen beim Bedarf an Büroflächen – ausgelöst durch die Coronakrise – ausgebremst worden. Wir hoffen, dass das Projekt zeitnah weitergehen wird“, zeigt auch Bernd Dieterle (FWV) Verständnis. Die Grünen bedauern die Verzögerungen, sind aber guter Dinge, alles werde glatt gehen: „Wir gehen davon aus, dass die Projekte umgesetzt werden, wenn auch nicht mehr in dem uns vorgestellten Zeitplan“, sagt die Grünen-Fraktionvorsitzende Ursula Vass-Hochradl.
Sanierung Schulzentrum am Berg Das Ansinnen der Stadt, Nachbarkommunen, aus denen Schüler das Wendlinger Schulzentrum besuchen, bei der Sanierung – die Grobkostenschätzung beläuft sich auf rund 37 Millionen Euro – mit zur Kasse zu bitten, hat den Segen aller Fraktionen. „Diese Ausgaben kann die Stadt Wendlingen nicht allein stemmen und ist auf die Mitwirkung der Nachbarkommunen angewiesen“, bekräftigt Dieterle (FWV). Die Rechtslage sei zudem eindeutig, ergänzt Kleefeldt (CDU): „Laut dem Verwaltungsgerichtshof müssen sich Umlandgemeinden an den Kosten einer Schulsanierung beteiligen.“ Bei der Ausgestaltung sei es entscheidend, dass man frühzeitig mit den Nachbarkommunen das Gespräch aufnimmt. Wie Kleefeldt betont, habe Wendlingen bis dato bei Sanierungsarbeiten der Schulen keinerlei Forderungen gegenüber den Nachbarkommunen gestellt. „Wir vertrauen auf das Verhandlungsgeschick von Bürgermeister und Verwaltung sowie auf die Einsicht der zu beteiligenden Kommunen und rechnen deshalb nicht mit größeren Problemen“, ergänzt Lottermann (SPD). Dieser Ansicht ist auch Vass-Hochradl: Letztlich würden alle profitieren – deshalb sollten sich die Probleme in Grenzen halten, prognostiziert die Grünen-Fraktionsvorsitzende.
Haushaltslage Nach großen Investitionen in den vergangenen Jahren, tritt die Verwaltung inzwischen auf die Bremse. Ganz im Sinne der CDU: „ Künftige Investitionen beziehungsweise Ausgaben müssen hinsichtlich Finanzierbarkeit, Notwendigkeit und Folgekosten genau geprüft wer- den“, fordert Kleefeldt. Denn Steuererhöhungen sollten vermieden werden. „Wir sehen die Stadt weiterhin gut aufgestellt“, sagt Dieterle (FWV). Bleibe das Niveau erhalten, könne man zumindest die Pflichtaufgaben gut erfüllen. „Eine Pause ist sinnvoll, schließlich hat die Stadt zuletzt viel investiert“, ergänzt Vass-Hochradl und verweist auf neue Sportanlagen, den Hochwasserschutz am Neckar oder das Vorzeigeprojekt Holzparkhaus. Wendlingen habe aber das Glück, durch das Gewerbe mit stabilen Einnahmen rechnen zu können. Pflichtaufgaben wie die Sanierung der Schulen und Investitionen in die Energiewende seien deshalb weiterhin möglich. Dieser Meinung schließt sich auch ihr SPD-Kollege Lottermann an: „Wir können unsere Pflichtaufgaben weiterhin erfüllen und Investitionen sind in gewissem Umfang, insbesondere bei den bereits begonnenen Projekten, weiterhin möglich.“