Gemeinderatswahlen im Kreis Esslingen Die Analyse zeigt: Die Personen zählen
Für die Stadt- und Gemeinderäte im Kreis Esslingen sind viele bekannte und einige neue Gesichter gewählt worden. Die große Politik spielte dabei keine Rolle.
Für die Stadt- und Gemeinderäte im Kreis Esslingen sind viele bekannte und einige neue Gesichter gewählt worden. Die große Politik spielte dabei keine Rolle.
Es ist keine Sensation und schon gar kein neuer Trend, dass bei Wahlen auf den unteren kommunalen Ebenen – obwohl die meisten Probleme genau dort ausgebadet werden müssen – die große Politik nur eine Nebenrolle spielt. Abgestimmt wird in aller Regel nach den auf den Listen stehenden Personen und nicht nach deren Parteizugehörigkeit. Dass sich bundes- oder europapolitische Tendenzen im Wahlverhalten der Bürgerinnen und Bürger niederschlagen, das hat sich auch am vergangenen Sonntag gezeigt, nimmt in aller Regel ab, je kleiner die Orte werden. Ein paar Auffälligkeiten gab es dennoch.
Bewährtes Wer über die Tabellen der Gewählten blickt, entdeckt viele bekannte Namen. Das mag einerseits damit zu tun haben, dass die Platzhirsche oft auf den vorderen Listenplätzen zu finden waren, wenn auch nicht überall. Mancherorts hatten sich etwa die Freien Wähler oder auch die CDU bei der Aufstellung aus freien Stücken eine alphabetische Reihenfolge verordnet. Kandidatinnen und Kandidaten, deren Nachnamen mit M oder W beginnen, wurden aber nichtsdestotrotz gewählt. Ganz allgemein wurde zumeist auf Bewährtes gesetzt, was im Umkehrschluss bedeuten könnte, dass diejenigen, die bisher schon amtiert und entschieden haben, trotz dem generellen Herumgemosere, das immer wieder mal zu vernehmen ist, nicht alles falsch gemacht haben können.
Neues Schwer getan, auch das wird beim schnellen Schweifen über die Listen der neu- beziehungsweise wiedergewählten Gemeinderätinnen und -räte deutlich, hat sich im Rennen um die begehrten Sitze die überwiegende Zahl der kommunalpolitischen Novizen. Oft sind es Einzelfälle, die den Sprung ins Ratsgremium geschafft haben. Und oft sind es Menschen, die vor Ort bereits anderweitig bürgerschaftlich in Erscheinung getreten sind, etwa bei der Feuerwehr, im Sportverein oder bei anderen für die Gemeinschaft relevanten Institutionen. Das mögliche Fazit: Ehrenamtliches Engagement ebnet den Weg in die lokale Politik.
Verjüngung So gut wie alle Parteien und Vereinigungen waren im Vorfeld bemüht, junge Leute für eine Kandidatur zu gewinnen. Das hat mal mehr, mal weniger gut geklappt. Ein positiver Ausreißer ist die Stadt Wernau, wo es mit den Jungen Bürgern (JB) eine eigenständige Liste gab. Drei Mandate sicherten sich die JB auf Anhieb, was Jens Müller, der Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion, „etwas überrascht“ zur Kenntnis nahm. Zufrieden war er mit dem Abschneiden seiner eigenen Partei dennoch: „Wir sind die zweitstärkste Kraft geworden und haben im Gegensatz zu anderen nichts verloren.“ Stärkste Fraktion bleibt, wenn auch mit einem Sitz weniger, die Wernauer Bürgerliste: „Wir haben die JB ja aktiv motiviert und unterstützt“, erklärte der wiedergewählte Gemeinderat Stefan Pfitzer, „und uns war natürlich bewusst, dass uns das Sitze kosten könnte“. Die Entscheidung für frischen Wind sei aber definitiv richtig gewesen.
Das sieht Matthias Steimer, der für die JB künftig im Stadtrat sitzen wird, genauso: „Wir hatten mit einem Sitz gerechnet, uns zwei gewünscht und waren von den drei Sitzen total überwältigt.“ Im Wahlkampf habe es bereits viel Zuspruch gegeben, ergänzt er. „Doch die Leute mussten ja bei uns auch ihre Kreuzchen machen und haben offensichtlich verstanden, was wir wollen.“ Dass die JB eine eigene Liste hatte aufstellen können, habe dabei ganz sicher geholfen, betont der 25-Jährige.
Zersplitterung Die im Vorfeld der Kommunalwahl geäußerten Befürchtungen, dass durch eine Vielzahl neuer Listen, die Gremien immer stärker zersplittern und Mehrheitsfindungen somit noch schwieriger werden, haben sich im Großen und Ganzen nicht erfüllt. Eine Ausnahme bilden Esslingen, wo künftig nicht sieben, sondern zehn Parteien und Gruppierungen im Gemeinderat vertreten sind, Kirchheim (acht statt sieben) und Plochingen (fünf statt vier). In Nürtingen indes sank die Zahl sogar von neun auf sechs, in Leinfelden-Echterdingen von acht auf sieben und in Filderstadt von sechs auf fünf. Im überwiegenden Teil der kleineren Kommunen hatte sich diese Frage ohnehin nicht gestellt.
Rechtsruck Mal davon abgesehen, dass die CDU bei den Gemeinderatswahlen im Kreis Esslingen überwiegend zulegen konnte, fiel der Rechtsruck – anders als in so manchem Nachbarlandkreis und anders als bei der Europawahl – recht moderat aus. Das dürfte daran liegen, dass der AfD die kommunalpolitische Basisarbeit nicht allzu wichtig erscheint. Zumindest trat sie nur in Esslingen und Kirchheim mit eigenen Listen an. In beiden Fällen eroberte die Rechtsaußenpartei auch drei Sitze, lag aber jeweils deutlich unter dem in der jeweiligen Stadt erzielten Ergebnis bei der Europa- und der Regionalwahl. Wie schon gesagt: Vor Ort zählen die Personen, nicht die Parteien.