Merklingen und Weil der Stadt feiern Goldene Hochzeit: Vor 50 Jahren schlossen sich die Gemeinden im Zuge der Gemeindereform zusammen.

Es war keine Liebesheirat, aber eine Vernunftehe“, sagte der Bürgermeister Christian Walter am Freitag in der Merklinger Festhalle. Zur Feier der Goldenen Hochzeit hatte die Stadt die Bürgerinnen und Bürger eingeladen. Und man sei inzwischen zusammengewachsen, ein Team geworden und könne nicht mehr ohne einander, so Walter. Ohnehin kenne ein großer Teil der Bevölkerung Weil der Stadt nur noch als eine einzige Gemeinde, stellte der junge Bürgermeister fest.

 

Weil der Stadt: Fünf-Sterne-Stadt

Auf den Tag genau vor 50 Jahren hatten Merklingen und Weil der Stadt im Zuge der staatlich verordneten Gemeindereform fusioniert. Mit Blick auf die fünf Stadtteile sprach der Böblinger Landrat Roland Bernhard von der „Fünf-Sterne-Stadt“. Er erinnerte daran, dass damals auch die Kreise neu geordnet wurden und dabei der Landkreis Leonberg – der berühmte Altkreis – zerschlagen wurde, was für viele unvorstellbar war. Es folgten heftige Proteste mit der Forderung „Leo muss bleiben“.

Die Hintergründe und das jahrelange Tauziehen zwischen den Gemeinden zur Zeit der Verwaltungsreform Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre schilderte der Weil der Städter Stadtarchivar Mathias Graner in einem spannenden Vortrag. Die Politik habe gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Bereichen schaffen wollen. In und um Weil der Stadt, das seit Jahrhunderten Stadtrechte hatte, sollte ein neuer Verwaltungsraum geschaffen werden.

Gemeinsames Verwaltungszentrum war geplant

So verhandelten die Weil der Städter mit ihrem Bürgermeister Friedrich Knobloch nicht nur mit Merklingen, das zuvor schon Hausen, den kleinsten Ort im Landkreis, eingemeindet hatte. Es gab auch Angebote an Malmsheim, Simmozheim, Möttlingen, Ostelsheim und sogar Heimsheim, die jedoch alle ablehnten. Die Merklinger wollten zunächst nur eine Verwaltungsgemeinschaft mit Weil der Stadt, was wiederum dort abgelehnt wurde. Der Archivar schilderte die hitzigen Diskussionen in den beiden Gemeinderäten, die in einen Kompromiss mündeten: nämlich bis zum Jahr 1979 ein gemeinsames Verwaltungszentrum zwischen den Orten zu errichten.

Merklingen stimmte seinerseits zu, dass das künftige Konstrukt den Namen Weil behalten dürfe. Damit war der Weg für den Zusammenschluss frei, so der Archivar, der das Ganze eine „sehr emotionale Geschichte“ nannte. Das geplante Verwaltungszentrum kam indes nie zustande. Münklingen und Schafhausen pochten heftig auf ihre Selbstständigkeit. Schafhausen wollte, wenn überhaupt, lieber mit Sindelfingen zusammengehen. Doch es half nichts: Beide wurden in das inzwischen mit Merklingen fusionierte Weil der Stadt eingemeindet.

Teilgemeinden mussten Tribut zollen

Wolf-Hasso Schaefer, der neue Vorsitzende des Heimatkreises Merklingen, sagte mit Blick auf Weil der Stadt: Es gebe alle Schularten mit Sporthallen und ein Hallenbad, ein neues Pflege- und Seniorenheim, durch die künftige Hermann-Hesse-Bahn eine noch bessere Verkehrsanbindung und durch Umgehungsstraßen sei die historische Innenstadt verkehrsberuhigt. „Betrachtet man die Haben-Seite von Merklingen, sieht das Bild doch ganz anders aus“, sagte er. „Nicht nur Merklingen, sondern auch die anderen Teilgemeinden mussten ihren Tribut zollen, damit die finanziellen Möglichkeiten zur Verfügung standen, um aus Weil der Stadt das zu machen, was es heute ist.“ In Merklingen müsse so einiges geschehen: der Durchgangsverkehr belaste die Bewohner in Merklingen sehr. Nötig sei auch der Bau einer Schulsporthalle, „damit unsere fast 600 Schulkinder an der Grund- Haupt- und Werkrealschule auch in Merklingen Sportunterricht in einer angemessenen Umgebung bekommen können“. Außerdem sei es wünschenswert, Kindergartenplätze dort bereitzustellen, wo die Wohngebiete der Eltern sind, um die tägliche Anfahrt mit dem Pkw zu vermeiden.

Appell für die Zukunft

„Heute, 50 Jahre danach, haben wir einiges erreicht“, so Wolf-Hasso Schaefer mit Blick auf den „Ehevertrag“, doch der Weg zueinander sei noch lange nicht zu Ende. „Lassen Sie uns weiter gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um aus Weil der Stadt einen Ort zu machen, in dem jede Teilgemeinde eine Infrastruktur hat, die den Bürgerinnen und Bürgern ein Wohlfühlen in ihrem Teilort ermöglicht“, forderte er die Kommunalpolitiker auf.

Eine neue Stadt entsteht

Dezember 1971
Hausen wird nach Merklingen eingemeindet.

Juli 1972 Weil der Stadt und Merklingen schließen sich zusammen.

August 1973 Schafhausen kommt dazu.

Januar 1975 Münklingen wird eingemeindet.