Die Nachfrage nach neuen Bestattungsformen ist groß, in Möhringen wird ein Gemeinschaftsgräberfeld eröffnet; auch Wand- oder Baumgräber sind sehr gefragt. Das sind die Entwicklungen auf den Friedhöfen von Stuttgart, Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Friedhöfe im Stadtraum sind längst nicht mehr nur letzte Ruhestätten, sie sind Orte der Naherholung. Das haben schon die Altvorderen berücksichtigt, als sie etwa große Stuttgarter Friedhöfe wie den Wald- oder den Hauptfriedhof am Stadtrand angesiedelt und landschaftlich eingebettet haben, das gilt heute umso mehr. Heute sind viele Bestattungsformen gefragt, die vor einigen Jahren noch nicht eingefordert wurden. Die Stadt Stuttgart und die umliegenden Gemeinden können diesen Wünschen durchaus auch entsprechen: Erdbestattungen gibt es immer weniger, da ist also Platz für die Gestaltung von Erinnerungsorten. Ähnliches gilt auch für die Friedhöfe in Filderstadt sowie in Leinfelden-Echterdingen.

 

Hier kann man verweilen

In Möhringen etwa wird derzeit letzte Hand angelegt an ein 300 Quadratmeter großes Gemeinschaftsgrabfeld am südwestlichen Eingang. Da ist Platz für zehn Erdgräber, für 101 Urnengräber sowie für 20-Baum-Urnengräber, der bereits bestehende Baumbestand wird eingepflegt. Dazu heißt es in einer Mitteilung: „Bei der Planung der neuen Grabanlage stand insbesondere die ökologisch wertvolle Gestaltung mit natürlichen Mineralien im Fokus. Die geschwungenen Wege mit barrierefreiem Zugang zu den Grabstätten wurden mit regionalen Materialien und wasserdurchlässigen Belägen umgesetzt“. Da geht es also in der Tat um eine „parkähnliche Anlage, die zum Verweilen einlädt“. Denn: „Bei der Pflanzenwahl wurde auf naturnahe, regionale und insektenfreundliche Arten geachtet, um die biologische Vielfalt zu fördern. Ein Totholzstamm dient als Bienenhotel, ist Unterschlupf und Rückzugsraum für Wildbienen und Insekten“. Neben dem Garten- , Friedhofs- und Forstamt haben die ortsansässigen Friedhofsgärtner mit der Landesgenossenschaft zusammengearbeitet. Letztere übernehmen auch ganzjährig die Pflege und Instandhaltung dieses Gemeinschaftsgrabfelds.

Meditativer Friedhof

Noch viel Platz für neue Begräbnisformen oder für konzeptionelle Anlagen ist auf dem Dornhaldenfriedhof. Dort wird seit einigen Jahren ein buddhistisches Gräberfeld geplant. Die Gestaltung orientiert sich an dem Aufbau eines Mandalas, mit einer sichtbaren Umgrenzung und vier Zugängen in den vier Himmelsrichtungen. Es gibt ausreichend Platz für Sitzmeditation in der Nähe einer Buddhastatue. Dazu hat sich ein Verein gegründet, aus dem Bürgerhaushalt heraus wurden 800 000 Euro dazu bereit gestellt, inzwischen läuft dies unter der Bezeichnung „meditativer Friedhof“, doch die Umsetzung der Pläne lässt leider noch auf sich warten.

Im Pragfriedhof gibt es keine solchen Freiräume für neue Gestaltungsmöglichkeiten. Mitten in der Wohnbebauung des Stuttgarter Nordens wird aber auch hier verstärkt Wert gelegt auf nachhaltige Pflege des Naturraums. Und es soll ein Café mitten auf dem Friedhof eingerichtet werden als Begegnungsstätte.

Baumgräber sind belegt

In Leinfelden-Echterdingen wurde das Angebot an anderen Bestattungsformen ausgeweitet und vergrößert. Da stehen heute etwa zur Verfügung: Anonyme Urnenreihengräber, Baum- und Urnengräber im Baumhain, Urnengräber im Gemeinschaftsfeld sowie Urnenwände, also Kolumbarien. Ein Gemeinschaftsfeld wie in Möhringen gibt es bereits in Echterdingen, auch das wird von den örtlichen Friedhofsgärtnern und Steinmetzen betreut. Weitere Angebote stehen zunächst einmal nicht zur Diskussion, eher muss die Stadt schauen, dass die vorhandenen Möglichkeiten auch allen Interessierten zur Verfügung stehen. Die Baumgräber etwa sind derzeit alle belegt. Sechs Friedhöfe betreibt die Stadt Leinfelden-Echterdingen, hinzu kommen drei historische Friedhöfe, die teils als Parklandschaft gepflegt werden und unter Denkmalschutz stehen.

Für Sternenkinder

„Man muss halt immer wieder nachbessern“, ist die Erfahrung von Dirk Rudolf vom Filderstädter Tiefbauamt. Das heißt etwa: Das Kolumbarium wird im nächsten Jahr wohl vergrößert, da sind derzeit nur noch sieben Plätze frei. Als Filderstädter Besonderheit gibt es einen Ort für Sternenkinder, also für Tod- und Frühgeborene, die kaum am Leben waren. Das liegt in hohem Maße daran, dass die Filderklinik zur Kommune gehört. Die Geburtenabteilung ist dort nicht nur weit über die Stadtgrenzen, sondern auch weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt als eine äußerst begehrte Adresse für Geburten.

Eine weitere Besonderheit ist das muslimische Gräberfeld in Sielmingen. „Viele Muslime haben einen Vertrag mit einem Verein, der ihnen eine Überführung in ihre Heimat ermöglicht, etwa in die Türkei“, so Cornelia Banaschewski von der Abteilung Friedhofswesen der Stadt Filderstadt, „aber vor allem Verstorbene jüngeren Datums werden auch hier bestattet“. Aber sonst muss auch in Filderstadt beim bestehenden Angebot immer wieder nachgebessert werden: „Seit 2010 bin ich in Filderstadt tätig. Seitdem wurde in jedem Jahr in einem der sechs Friedhöfe eine Kolumbarium-Anlage gebaut. Dieses Jahr ist erstmals die Situation, dass Fächer dort frei werden“. Aber schon im nächsten Jahr wird wohl wieder ein Kolumbarium entstehen.

Ebenfalls sehr nachgefragt sind Baumgräber. „Die bieten wir bei neu gepflanzten Bäumen an“, so Banaschewski. Das hat dann den Vorteil, dass generell die Bepflanzung optimaler gestaltet werden kann. Lediglich das Urnengemeinschaftsfeld hat sich in Filderstadt noch nicht so wirklich herumgesprochen. Dabei ist gerade hier eine möglichst komplette Belegung sinnvoll, da solch eine Anlage nur als Ganzes gepflegt werden kann.