An den Gymnasien bekommen viele Lehrer keine Stelle, an den Gemeinschaftsschulen fehlen sie. Wollen die Lehrer nicht an die neue Schulform, oder sind sie nicht genügend darüber informiert?

Stuttgart - „Wir wären hoch froh, wir hätten Deutsch- und Englischlehrer aus dem Gymnasialbereich“, klagen ein Oberstudienrat an einer Gemeinschaftsschule in Südbaden und Matthias Wagner-Uhl, Rektor im Hohenlohekreis, bestätigt das. Unbegreiflich sei, dass Gymnasiallehrer zu Hunderten auf der Straße stünden und nicht den Weg an die in Baden-Württemberg noch junge Schulart finden würden. Gerade Gymnasiallehrer aus den Fachrichtungen Deutsch und Englisch haben nur geringe Chancen auf eine Einstellung an Gymnasien.

 

Würden die Schulverwaltungen nur offensiv dafür werben, würden sich auch Gymnasiallehrer finden, meinen die Vertreter der Gemeinschaftsschulen. Hilfreich wäre, wenn die Studienräte nach einiger Zeit an der Gemeinschaftsschule eine Wechselgarantie an ein Gymnasium bekämen. Geradezu widersinnig sei es, dass das Kultusministerium Gymnasiallehrer für Grundschulen qualifizieren will. „Man sollte die Lehrer lieber in den Gemeinschaftsschulen einsetzen.“

So viele Gymnasiallehrer wie nie an den Gemeinschaftsschulen

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hält dagegen: Noch nie sei das Kontingent für Gymnasiallehrer an Gemeinschaftsschulen so hoch gewesen wie in diesem Jahr. 250 Stellen könnten besetzt werden, 770 Gymnasiallehrkräfte habe es im vergangenen Schuljahr an den 304 Gemeinschaftsschulen im Südwesten schon gegeben. „Wir haben ein klares Bekenntnis zur Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg. Deshalb wird die Gemeinschaftsschule selbstverständlich auch bei der Lehrereinstellung im Hinblick auf ihre spezifischen Anforderungen unterstützt“, sagte die Ministerin unserer Zeitung. „In den Gemeinschaftsschulen leisten Lehrerinnen und Lehrer einen qualitätsvollen Unterricht auf allen Niveaustufen. Mit einem extra Stellenkontingent und Sonderausschreibungen helfen wir den Gemeinschaftsschulen deshalb, auch Gymnasiallehrkräfte zu gewinnen.“

Lehrer sollten nicht nach Schulart unterschieden werden

An den Gemeinschaftsschulen werden Schüler auf dem Niveau der Hauptschulen, der Realschulen und der Gymnasien unterrichtet. Inzwischen gibt es Hochschulabsolventen, die den neuen Studiengang Lehramt Sekundarstufe I absolviert haben. Sie sind in derselben Besoldungsgruppe wie Gymnasiallehrer. Damit sei doch Lehrer gleich Lehrer, finden die Vertreter der Gemeinschaftsschulen und regen an, dass bei Einstellungen in ihren Schulen nicht mehr nach Schularten unterschieden würde und die jeweiligen Kontingente aufgegeben würden. Doch das Kultusministerium hält daran fest. „Auch in Zukunft wird in der Lehrereinstellung nach Lehramt Sekundarstufe I und Lehramt Gymnasium differenziert werden“, sagt eine Sprecherin von Kultusministerin Eisenmann. Es könnten nicht mehr Gymnasiallehrer eingestellt werden, als die Kontingente hergeben. Auch eine Wechselgarantie an ein Gymnasium sei nicht in der Diskussion.

Sonderausschreibung für Gemeinschaftsschulen

Dass auf den Arbeitsplatz Gemeinschaftsschule zu wenig hingewiesen werde, lässt das Ministerium nicht gelten. Die Gemeinschaftsschulen könnten über eine Sonderausschreibung Lehrer gewinnen, ehe das allgemeine Verfahren beginne. Auch hätten etwa ein Drittel der mehr als 3000 Bewerber für Gymnasien sich grundsätzlich für den Einsatz an Gemeinschaftsschulen bereit erklärt. „Wenn es konkret wird, ist die Zahl der Bewerbungen deutlich geringer“, konstatiert die Sprecherin. Bewerber würden Einstellungsangebote ablehnen. „Welche Gründe dazu führen, entzieht sich unserer Kenntnis.“