Er wird so sehnsüchtig erwartet wie der Frühling und macht ihn zum Fest für Genießer: Der Spargel. Jetzt hat er Saison und wird in verschwenderischer Fülle angeboten. In Weiß und Grün. Aus dem Badischen, aber auch aus Stuttgart. Zwölf Wochen lang bis Johanni am 24. Juni.

Stuttgart - Durch die Klarsichtfolie über den Erdhügeln sieht man lauter weiße Pünktchen: Die Spargelspitzen, die aus der Erde drängen. Zeit zum Stechen. Mit der Routine von Profis gehen die Mitarbeiter von Klaus Bauerle auf dem Schmidener Feld ans Werk: Eine Reihe frei legen, die Spargelköpfe fassen und die Stangen mit dem Metallstab in der Erde abstechen und herausholen, dann die Folie wieder drüber decken. Damit auch die nächsten Stangen in Wärme wachsen, bis zu zehn Zentimeter am Tag. Reihe für Reihe das gleiche Prozedere.

 

Am 24. März hat Klaus Bauerle in Fellbach seinen ersten weißen Spargel gestochen. Ziemlich früh und vor allem noch bei ziemlich niedrigen Temperaturen und nächtlichem Frost. „Aber Ostern stand vor der Tür, die Kunden konnten es kaum mehr erwarten, da haben wir aufs Fest hingearbeitet“, sagt Bauerle. Mit Heizschlangen voll warmem Wasser in den Beeten? Nein, schüttelt Bauerle den Kopf, das werde vor allem in Gegenden praktiziert, wo ein nahes Heizkraftwerk Abwasser liefere. Aber natürlich mit dem Einsatz von Folie. Vor allem der schwarzen Abdeckung, die jeden Sonnenstrahl als Heizung speichert. Folienmanagement heißt das wichtigste Stichwort, „mit Folien kann man alles steuern“.

Alles eine Sache der richtigen Bodenbearbeitung

1984 hat Bauerle auf dem Schmidener Feld mit dem Spargelanbau begonnen. Ein kühner Versuch seinerzeit, denn es galt die Regel: Spargel gedeiht nur in sandigen Böden. Die Böden in und um Stuttgart aber sind aus Löss und Lehm. Alles eine Sache der richtigen Bodenbearbeitung, sagt Bauerle: „Der Lehm muss maschinell zerkrümelt werden, um eine feine Struktur zu bekommen. Und der Boden gibt einen viel kräftigeren Geschmack als der Sand. Da kommt’s genau wie beim Wein aufs Bodag‘fährtle an.“

Heute baut er auf 70 Hektar weißen und grünen Spargel an und erntet täglich etwa 2500 Kilo: „In allen sechs Sortierung. Vom Suppenspargel mit einem Durchmesser unter 14 Millimeter bis zur Klasse I mit 18 bis 22 Millimeter und drüber, gemessen in der Mitte der Stange.“ Erledigt von einer vollautomatischen Sortiermaschine.

Bei der Inspektionsfahrt über die Felder entdeckt Bauerle, dass auch der grüne Spargel ziemlich geschossen ist. Er wächst ganz aus der Erde, bekommt durch die Lichteinwirkung und Fotosynthese die grüne Farbe und braucht einen Folientunnel mit Luft nach oben. Kurzes Telefonat mit dem Vorarbeiter: Nach der Mittagspause bitte drum kümmern. 70 Mitarbeiter, alle aus Polen, schaffen gerade bei Bauerle: Die kommen seit langem und bekommen den Mindestlohn von 8,50 Euro.“

Die Spargelsaison endet am 24. Juni

Bei Klaus Brodbeck in Möhringen guckt der grüne Spargel auch schon aus der Erde. Nackt und bloß, ohne den Schutz eines Plastiktunnels braucht er noch ein bisschen. Mit ein paar Reihen hat der Möhringen Bauer den Spargelanbau begonnen, „weil meine Frau so gern Spargel isst“. Ausschließlich grünen, „der ist würziger und man muss ihn nicht schälen.“ Was er auf einem Hektar erntet, ist natürlich nicht nur für die häusliche Küche, sondern für die fast ausschließliche Vermarktung im eigenen Hofladen. Zum Kilopreis von 7,40 Euro. Die Stammkundschaft honoriere, dass sie hier das Prinzip „frisch vom Erzeuger“ bilderbuchmäßig erlebe: Sie kann dem Spargel beim Wachsen zuschauen, auf dem Feld hinterm Haus.

Bei Bauerle liegt der Kilopreis für den weißen Spargel der ersten Qualitätsklasse derzeit bei 15 Euro. „Aber der Preis sinkt im Lauf der Saison bis auf 12 oder 11 Euro“, stellt er in Aussicht. Wird es eine gute Spargelsaison werden? „Der Herrgott gibt’s“, sagt Bauerle und wird fast philosophisch: Der Spargel sei wie das Leben, immer auch für eine Überraschung gut. Denn aus der Pflanze, die 20 Zentimeter tief in die Erde gesetzt wird, kämen nach zwei bis drei Jahren die ersten Spargel: Dünne, dicke, krumme und kerzengerade, ganz ohne Norm. Etwa acht bis zehn Jahre lang. Aber irgendwann schiebt sich die letzte Stange aus der Erde, wird bis zu zwei Meter hoch und muss bis in den Herbst stehen bleiben.

Da ist die Spargelsaison schon längst vorbei. Denn an Johanni, dem 24. Juni, ist die Herrlichkeit zu Ende.