Nach 18 Jahre langen, zähen Verhandlungen wird Russland in die WTO aufgenommen.

Genf/Moskau - Nach 18 Jahre währenden Verhandlungen ist Russland am Freitag als 154. Mitglied in die Welthandelsorganisation (WTO) aufgenommen worden. Regierungsvertreter zahlreicher Staaten hießen die Rohstoff- und Energiegroßmacht bei der 8. WTO-Ministerkonferenz in Genf willkommen. Zehn Jahre nach der Aufnahme Chinas ist Russland die letzte der großen Volkswirtschaften, die Mitglied der Handelsorganisation wurde. Allerdings muss Moskau die Übernahme der damit verbundenen Pflichten erst noch ratifizieren.

 

Rösler: "Gut für Deutschland"

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erklärte, die Aufnahme Moskaus sei „gut für Deutschland, gut für Russland und gut für die WTO“. Deutschland als einer der wichtigsten russischen Handels- und Wirtschaftspartner werde davon in besonderem Maße profitieren, hieß es in einer Mitteilung Röslers aus Berlin.

Die Mitgliedschaft Russlands und die damit verbundene Anerkennung des internationalen WTO-Regelwerks sowie die Pflicht zur Öffnung der russischen Märkte wird nach Einschätzung Röslers zu stabileren Rahmenbedingungen für Geschäfte mit Russland beitragen. „Das wird die deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen beflügeln und für zusätzliche Impulse sorgen.“ So sinkt der durchschnittliche Zollsatz Russlands für Importe von derzeit 10 auf 7,8 Prozent.

Russland muss transparenter werden

Dadurch könnten allein deutsche Firmen nach Schätzungen des Bundeswirtschaftsministeriums bei Geschäften mit Russland rund eine Milliarde Euro pro Jahr mehr verdienen. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft lobte die WTO-Aufnahme Russlands auch wegen des damit verbundenen „Modernisierungsdrucks“. Das Land werde sich neuen Standards und Regeln unterwerfen und transparenter mit Ausschreibungen für Geschäfte und mit Investoren umgehen müssen.

Jedoch muss Russland die Übernahme der WTO-Pflichten erst noch ratifizieren, bis spätestens 15. Juni kommenden Jahres. Nicht wenige Experten warnen allerdings davor, dass Russlands starker Mann Wladimir Putin ungeachtet des WTO-Beitritts wichtige Reformen in Wirtschaft und Handel verhindern könnte. „Die nötige Modernisierung Russlands steht im krassen Widerspruch zu Putins Machtsystem“, meint der Moskauer Ökonom Wladislaw Inosemzew. Das System lebe von Korruption, Bürokratie, Rechtsunsicherheit und Vetternwirtschaft.

Der Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, erklärte am Freitag hingegen, der WTO-Beitritt und die damit verbundenen Bedingungen würden den nationalen Interessen entsprechen. Die künftige Mitarbeit Russlands in der WTO sei eine der wenigen guten Nachrichten in einer instabilen Situation der Weltwirtschaft. „Durch die Aufnahme des letzten großen Staates, der lange Zeit außerhalb des multilateralen Handelssystems geblieben war, wird die Organisation ihre Position als wirklich umfassende Plattform für Zusammenarbeit stärken.“

Auch Montenegro, Samoa und der südpazifische Inselstaat Vanuatu gehören zu den neuen Mitgliedern der WTO, in der künftig zusammen mit Russland 157 Staaten vertreten sein werden.