Er galt als aufstrebendes Talent der Partei, nun lässt er sein Amt ruhen: Dem Ludwigsburger SPD-Chef Yannick Schulze (25) wird vorgeworfen, Mitgliederdaten unberechtigt weitergegeben zu haben.

Ludwigsburg - Für die Ludwigsburger SPD war es kurz vor Weihnachten ein ziemlicher Schock: Ausgerechnet ihr umtriebiger und beliebter junger Vorsitzender Yannick Schulze soll die Schlüsselfigur eines Datenschutz-Skandal des Landesverbandes sein. Den Vorsitz des SPD-Ortsvereins übt er derzeit nicht mehr aus, und von seiner Tätigkeit als Landesgeschäftsführer der Jungsozialisten wurde er offiziell beurlaubt.

 

Die Ludwigsburger Genossen verlieren damit möglicherweise ihren aktivsten Kopf. Mit 23 Jahren hat er 2016 den Ortsverein in der Krise übernommen. Nach der Landtagswahl saß der langjährige Abgeordnete Claus Schmiedel nicht mehr im Parlament, damit hatte die Stadtpartei ein wichtiges Zugpferd und viel organisatorische Infrastruktur verloren.

Hoffnungsträger der Ludwigsburger SPD

Schulze führte die demoralisierten Genossen zu neuer Blüte. Die Initiative für ein Ludwigsburger Stadtticket ging von ihm aus, dabei knüpfte er ein Netzwerk mit anderen Organisationen in der Stadt. Schulze ist in den sozialen Netzwerken präsent und erschloss dem überalterten Ortsverein ein neues Potenzial. Eine zweistellige Zahl an Jusos trat in die 250 Mitglieder starke Ortsgruppe ein. Es gelang, das „Haus der SPD“ in der Bärenstraße trotz des Verlustes von zwei Landtagsmandaten im Kreis zu halten. Doch nun ist Schulze erst einmal außen vor. „Er hat alle Unterlagen an uns übergeben“, sagt die Vizechefin des Ortsvereins, Stefanie Liepins, die von dem Skandal völlig überrascht wurde. An der jüngsten Vorstandssitzung nahm Schulze nicht teil.

Was wird ihm genau vorgeworfen? Beim SPD-Landesverband wolle man sich zu möglichen Verfehlungen einzelner Personen nicht äußern, wie der Sprecher Andreas Reißig erklärt. Offenbar ging es aber, wie aus der Landespartei zu hören ist, um Mitgliederlisten der Mutterpartei. Darauf soll Schulze als Juso-Geschäftsführer unzulässigerweise zugegriffen und diese weitergegeben haben.

Schulze soll die Vorwürfe intern bestritten haben

So scheint Schulze im Zentrum des Datenschutzskandals zu stehen, bei dem im Vorfeld von Landesparteitagen und dem Mitgliederentscheid über Leni Breymaier oder Lars Castellucci als Landesvorsitzende rund 1200 Adressen weitergegeben worden sein sollen. Die Jusos standen in der innerparteilichen Auseinandersetzung engagiert auf der Seite von Lars Castellucci. Der ehemalige Juso-Landeschef Leon Hahn lässt derzeit seinen Sitz im Landesvorstand ruhen. Yannick Schulze erklärt auf Anfrage: „Ich will mich aufgrund der laufenden Untersuchungen dazu nicht äußern.“ Innerhalb der Partei soll er aber, wie zu hören ist, eine Verwicklung in den Datenschutzskandal abgestritten haben.

Der 25-Jährige hat in der Partei eine schnelle Karriere hingelegt: Mit 17 trat er in Markgröningen in die Partei ein, gründete eine Juso-Gruppe und einen Jugendgemeinderat. Rasch wurde er Kreisvorsitzender des Parteinachwuchses und steigerte dessen Mitgliederzahl um zehn Prozent.

Ortsverein vor Kommunal- und OB-Wahl ohne Chef

Im vergangenen April wurde Schulze beim Landesverband angestellt, zuvor hatte er als Wirtschaftsingenieur bei Trumpf in Ditzingen gearbeitet, wo er auch den praktischen Teil seines Dualen Studiums absolviert hatte. Aufgewachsen ist Yannick Schulze in Kornwestheim.

Der Ortsverein ist nun in einer kritischen Phase ohne Führung. In vier Monaten ist die Kommunalwahl, die Listen für den Gemeinderat und den Kreistag sollen am 9. Februar aufgestellt werden – und für den 30. Juni braucht die Partei einen passablen Kandidaten bei der OB-Wahl. Schulze spielte mit seinen Kontakten zum Landesverband eine zentrale Rolle in den Vorbereitungen. Nun ist sogar fraglich, ob der 25-Jährige zur Kommunalwahl auf den SPD-Listen kandidieren wird.