Eine französische Untersuchung erhitzt nicht nur die wissenschaftlichen Gemüter. Auch in der europäischen Politik wird über die grüne Gentechnik wieder diskutiert: Macht der gentechnisch veränderte Mais krank?

Stuttgart - Eigentlich wollten die Agrarminister der Europäischen Union bei ihrem Treffen in Brüssel gar nicht über gentechnisch veränderte Pflanzen sprechen. Doch sie konnten nicht anders: Eine Studie des französischen Wissenschaftlers Gilles-Eric Séralini von der Universität Caen sorgt nicht mehr nur, wie berichtet, in der wissenschaftlichen Welt für heftige Diskussionen. Die Debatte um Genpflanzen hat nun wieder einmal auch die Politik erreicht. Macht der gentechnisch veränderte Mais krank? Oder vielleicht auch das Unkrautvernichtungsmittel Roundup, das bei diesen Pflanzen eingesetzt wird?Dies jedenfalls könnte man aus der französischen Untersuchung schließen.

 

„Wenn es den Verdacht gibt, dass hier krebserregende Stoffe drinnen sind, dann muss man das schleunigst und mit Hochdruck untersuchen“, sagte der österreichische Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich. „Diese Studie zeigt nur, das hier sehr viele Fragezeichen bei der Gentechnik auf dem Tisch liegen.“ Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) mahnte, erst die Ergebnisse einer genaueren Untersuchung abzuwarten. „Wir werden die Studie natürlich überprüfen“, sagte sie. Der französische Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll warnte gleichfalls vor „voreiligen Schlüssen“. Derzeit prüft die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit Efsa die Studie.

Der wissenschaftliche Wert der französischen Studie wird beispielsweise von deutschen Biologen angezweifelt: „Sowohl von der Auswahl der Tiere als auch vom statistischen Ansatz her ist das Studiendesign nicht vertretbar“, sagte der Vizepräsident des Verbandes Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBio), Diethard Tautz. „Der Wirbel, den die Veröffentlichung ausgelöst hat, ist in keiner Weise angemessen, Forderungen nach sofortigen Konsequenzen können damit nicht begründet werden“, ergänzte der Genetiker vom Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie in Plön bei Kiel. Nach Angaben des Verbandes sei die Zahl der Versuchstiere zu klein gewesen und der verwendete Tierstamm sei krankheitsanfällig.

Séralini fütterte Ratten über zwei Jahre hinweg mit gentechnisch verändertem Mais. Zudem erhielten weitere Tiere das Totalherbizid Roundup im Trinkwasser. Mit diesem Pflanzenschutzmittel werden die Felder besprüht, auf denen der gentechnisch veränderte Mais wächst. Dieser Mais ist durch ein Resistenzgen immun gegen das Mittel, alle anderen Pflanzen sterben ab. Kontrolltiere erhielten Wasser ohne Herbizid und ihr Futter aus konventioneller Fütterung. Die Ratten, die Genmais und das Herbizid zu sich nahmen, starben früher und entwickelten häufiger Tumore. Somit wurden nicht nur Tiere krank, die gentechnisch veränderte Pflanzen gefressen hatten – lebensgefährlich könnte auch das Herbizid sein, das in geringen Mengen auch im Grundwasser nachgewiesen werden kann.

Tatsächlich sind die zu vergleichenden Gruppenzahlen sehr klein: Jeweils zehn Tiere stehen für eine Bedingung. Das ist für eine statistische Aussage in der Wissenschaft zu wenig. Weitere Studien sind nötig.