Lange haben Wissenschaftler gerätselt, wie die Dolomiten entstanden sind. Nun haben sie eine Antwort: Vor Jahrmillionen haben Mikroorganismen im Meerwasser einen Schleim mit winzigen Dolomit-Kristallen produziert. Daraus entstand die Gesteinsschicht.

Kiel - Die meisten Wanderer in den Dolomiten ahnen nicht, dass dieses Mineral in den mächtigen Felsen der Drei Zinnen und des Rosengartens Forschern Kopfzerbrechen bereitet: Sie fragen sich, wie Dolomit einst entstand. Im Labor zeigen Stefan Krause, Volker Liebetrau und Tina Treude vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel jetzt gemeinsam mit Kollegen in Zürich und Madrid, dass Bakterien bei der Bildung dieses Minerals eine wichtige Rolle gespielt haben könnten. Die Forscher berichten darüber in der Online-Ausgabe der Zeitschrift „Geology“.

 

Weil Dolomit auch in vielen anderen Weltgegenden wie am Sankt Gotthard in der Schweiz, in Franken, im Sauerland und im Harz vorkommt, haben Geoforscher dieses Material schon vor langer Zeit analysiert. Während Kalkstein vor allem aus Kalzium und Karbonat besteht, ersetzen im Dolomit Magnesiumatome ungefähr jedes zweite Kalziumatom. Daher lösen Säuren einen Kalkstein relativ rasch auf, Dolomit dagegen trotzt dem sauren Regen gut.

Viele Kalksteine wie die in der Schwäbischen Alb entstanden einst aus lebenden Organismen: Die Kalkskelette von Korallenriffen, Muschelschalen oder dem Panzer bestimmter einzelliger Algen wurde so von anderem Material am Grund von Meeren überdeckt und verwandelte sich in der Tiefe in Kalkstein. Geologische Prozesse können dann mit der Zeit Kalzium- gegen Magnesiumatome austauschen. Doch Dolomit kann auch direkt entstehen. Judith McKenzie von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich hat im extrem salzhaltigen Wasser bestimmter Lagunen Bakterien entdeckt, die statt Sauerstoff die chemische Verbindung Sulfat atmen und dort winzige Dolomitkristalle bilden.

Dolomit bildet sich nur, wenn Sauerstoff knapp ist

Stefan Krause war zunächst skeptisch. „Dieser Prozess könnte niemals die großen Mengen Dolomit erklären, die in den letzten 600 Millionen Jahren entstanden sind“, sagt er. Denn die extrem salzhaltigen Lagunen sind sehr selten, und im normalen Meerwasser dürfte sich kein Dolomit bilden, weil dafür Temperaturen von mehr als 40 Grad nötig wären. Zumindest vermuteten das einige Theoretiker.

Krause überprüfte diese Theorie im Labor mit einem Stamm Sulfat atmender Bakterien, die ursprünglich aus dem Meeresboden in den tiefen Bereichen des Mittelmeers stammen. Im künstlichen Meerwasser bilden diese Mikroorganismen schon bei 20 Grad einen Schleim, den Mikrobiologen „Biofilm“ nennen. Und in diesem Mikrofilm entdeckte Krause winzige Dolomitkristalle. Das Mineral bildet sich also heute noch, aber vermutlich nur, wenn am Meeresboden viel organisches Material, aber kaum Sauerstoff vorhanden ist. Das passt gut zur Geschichte des Dolomit, der sich häufig in Zeiten gebildet hat, in denen Sauerstoff im Wasser knapp war.

Diese Experimente könnten am Ende auch die Klimaforschung einen Schritt weiterbringen. Denn die Bakterien speichern unterschiedliche Sorten von Kalziumatomen im Biofilm. Diese als Isotope bezeichneten Atomtypen liefern Klimaforschern wichtige Informationen, weil sie unterschiedlich häufig eingebaut werden. Wissenschaftler können aus solchen Isotopen-Verhältnissen auf zentrale Klimawerte längst vergangener Zeiten schließen. Allerdings verwenden sie dazu keine Kalzium-Isotope, sondern verwandte Atome wie etwa Strontium, die von den Bakterien gelegentlich anstelle des Kalziums verwendet werden. Stefan Krause und seine Kollegen untersuchen daher derzeit genauer, wie sich diese Atome im Biofilm anreichern.