Ein Experte rät gerade bei Kronen und Implantaten zur Professionellen Zahnreinigung. Menschen mit gesunden Zähnen profitieren hingegen kaum von der Behandlung.

Sie ist nicht gerade angenehm. Trotzdem unterziehen sich zwei von drei Patienten jährlich einer Professionellen Zahnreinigung (PZR), um auch hartnäckige und schwer zugängliche Beläge am Gebiss zu entfernen. Doch haben sie alle einen gesundheitlichen Nutzen davon?

 

Englische Wissenschaftler haben für das unabhängige Forschernetzwerk Cochrane untersucht, wie die Studienlage zur prophylaktischen Wirksamkeit der PZR aussieht. Sie fanden zwar nur zwei klinische Untersuchungen, die aber immerhin an über 1700 zahnfleischgesunden Patienten durchgeführt wurden. Diese wurden in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren untersucht, und ein Teil erschien in sechs- oder zwölfmonatigem Rhythmus regelmäßig zur Zahnreinigung, während die Kontrollgruppe ohne das Prozedere auskommen musste.

Zähne fühlen sich nur sauberer an – sind es aber nicht wirklich

Doch im Ergebnis zeigten beide Gruppen keine signifikanten Unterschiede. „Die PZR-Probanden gaben zwar an, dass sie ihre Zähne als sauberer empfanden als diejenigen, die keine Behandlung erhalten hatten“, resümiert Studienleiter Thomas Lamont von der University of Dundee. Doch im Hinblick auf die Häufigkeit und Schwere von Zahnfleischentzündungen und auf die Tiefe der Zahnfleischtaschen waren sie annähernd gleich. „Und es gab auch keine sonderlichen Differenzen in dem, was sie zu ihrer oralen Gesundheit und Lebensqualität berichteten“, betont der schottische Zahnmediziner. Die PZR hatte also offenbar keinen Einfluss darauf, inwieweit jemand beschwerdefrei zubeißen konnte oder nicht.

Was zunächst einen Zahnarztpatienten nicht gerade ermuntern dürfte, sich eine PZR zu gönnen. „Doch er sollte die PZR nicht voreilig für sich ausschließen“, warnt Stefan Wolfart von der RWTH in Aachen. Er leitet die Klinik für zahnärztliche Prothetik und das Zentrum für Implantologie – und er weiß, dass es durchaus Patienten gibt, die von der PZR profitieren.

Der Zahnarzt soll die Qualität der Mundhygiene beurteilen

So betonen bereits die Cochrane-Autoren, dass ihre Aussagen nur für Patienten mit gesundem Zahnfleisch gelten. Und tatsächlich könnten sich, wie auch Wolfart betont, „diejenigen, die ein gepflegtes Gebiss und dort nur die eine oder andere Füllung haben, aber ansonsten über gesunde Zähne und einen gesunden Zahnhalteapparat verfügen“, das Geld für die PZR vermutlich sparen. „Ob allerdings ihre Mundhygiene wirklich so gut ist, sollte der behandelnde Zahnarzt im Rahmen der jährlich notwendigen Kontrolluntersuchung beurteilen“, so Wolfart.

Ganz zu schweigen davon, dass es neben diesen Idealfällen noch genug andere Patienten gibt. Wie etwa solche, die mit einer Zahnfleischerkrankung zu kämpfen haben. Laut Bundeszahnärztekammer betrifft das hierzulande nicht etwa eine Minderheit, sondern etwa jeden zweiten jüngeren Erwachsene, und rund acht Prozent leiden sogar an schwerer Parodontitis, die – sofern sie nicht frühzeitig behandelt wird – oft mit einem oder mehreren Zahnverlusten endet. „Diese Patientengruppe“, so Wolfart, „profitiert von der PZR, die in diesem Zusammenhang auch als unterstützende Parodontitistherapie bezeichnet wird.“ Die Betroffenen können dabei mit der Unterstützung der Krankenkassen rechnen, abhängig vom Schweregrad ihrer Zahnfleischerkrankung. In der C-Stufe mit dem höchsten Grad werden sogar bis zu sechs PZR-Behandlungen innerhalb von zwei Jahren bezahlt.

Oft haben Kronen und Brücken unzugängliche Stellen

Die zweite Nutznießergruppe der PZR sind Patienten, in deren Mundraum viel restauriert wurde, mit entsprechend vielen zahn- oder implantatverankerten Kronen und Brücken oder auch einem herausnehmbaren Zahnersatz. Hier können Zahnfleisch- und Knochenentzündungen enorme Schäden verursachen. „Bei der Periimplantitis etwa kommt es zum Knochenabbau um die Implantate, was zu chirurgischen Korrektureingriffen und im schlimmsten Fall zum Verlust des Implantats führen kann“, warnt Wolfart. „Da muss man wachsam sein und schon frühzeitig die verursachenden Biofilme und Zahnbeläge entfernen.“ Für den einzelnen Patienten sei das jedoch schwierig, weil gerade verankerte Kronen und Brücken viele unzugängliche Stellen haben, an die er mit seiner üblichen Reinigungsprozedur nicht herankommt. Mittels der PZR könne man sie hingegen erreichen, „und das macht sie zu einem wichtigen Vorsorgeinstrument für den Implantaterhalt“, betont Wolfart.

Hinzu kommt, dass viele Menschen nicht mehr in Eigenregie für ihre Zahnhygiene sorgen können. Allein bei den Pflegebedürftigen ist jeder Dritte nicht mehr in der Lage, seine Zähne und Zahnprothesen eigenständig zu reinigen. Hier kann dann die PZR quasi unter die Arme greifen. Vorausgesetzt, sie wird gründlich genug durchgeführt. Aber das ist laut einer Untersuchung der Stiftung Warentest nicht unbedingt gegeben. Die Verbraucherschützer schickten zehn Personen auf PZR-Testtour durch zufällig ausgewählte Zahnarztpraxen von Berlin und NRW. „Die teuren Besuche beim Profi enttäuschten“, so die Stiftung. „Keine der zehn Zahnreinigungen erreichte ein optimales Ergebnis.“

Zudem beklagten die Tester, dass sie in vielen Praxen nicht automatisch informiert wurden, wie sie ihre Zahnpflege zu Hause verbessern könnten. Dabei ist die PZR nicht nur als Zahnwaschstraße gedacht, sondern ausdrücklich auch als Beratungstermin zum Verbessern der häuslichen. „Und zwar nicht nur beim ersten Mal“, betont Wolfart, „sondern auch bei den nachfolgenden Sitzungen.“ Denn selbst gewissenhafte Zähneputzer haben immer wieder Stellen, die sie nicht gründlich genug reinigen.

Kosten und Dauer

Kosten
 Eine Professionelle Zahnreinigung (PZR) kostet 80 bis 150 Euro. Die Kosten muss der Patient größtenteils aus eigener Tasche zahlen. Die gesetzlichen Krankenkassen geben allenfalls einen Zuschuss.

Dauer
 Eine Zahnreinigung sollte circa 45 bis 60 Minuten dauern. In einer Untersuchung der Stiftung Warentest dauerten jedoch viele Sitzungen gerade mal 30 Minuten – und hier wurden auch die Beläge am schlechtesten entfernt.