Der Standort für die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge bei Tamm und Asperg steht zurecht in der Kritik, schreibt Redakteur Andreas Hennings im Blickwinkel.

Ludwigsburg: Andreas Hennings (hen)

Es hat was von einem Déjà-vu. Erst vor einem halben Jahr präsentierte der Landkreis nach einem ersten Auswahlprozess zwei mögliche Standorte für die neu benötigte Erddeponie: Großbottwar oder Hemmingen. In beiden Orten regte sich heftiger Widerstand. Die Bürger fürchteten um Lebensqualität, in den Rathäusern löste der Mangel an Informationen kollektives Kopfschütteln aus. Im Bottwartal wie im Strohgäu war man sich einig: der jeweilige Standort sei völlig ungeeignet. Wegen des Verlusts von Ackerflächen und Streuobstwiesen oder auch weil Kipplaster künftig zum Ortsbild gehören würden. Berechtigte Kritik, die sich der Buhmann zu Herzen nahm: Der Verband Region Stuttgart kündigte einen neuen Suchlauf an.

 

Jetzt dasselbe Spiel – nur eine Ebene darüber. Diesmal ist es auch der Landkreis selbst, der von Beginn an protestiert. Gab das Land Baden-Württemberg doch eine Fläche im Dreieck Ludwigsburg-Asperg-Tamm als einen möglichen Standort für eine zu bauende Erstaufnahmestelle für rund 1000  Flüchtlinge bekannt. Seither regt sich Widerstand in den Rathäusern und in der Lokalpolitik, diesmal in Asperg und Tamm, sowie bei der Bevölkerung und bei Umweltschützern. Und eben beim Landkreis. Eine Bürgerinitiative plant für Mittwoch erneut eine Demo.

Wie bei der Erddeponie sind die Bedenken gerechtfertigt. Der Standort wirft grundlegende Fragen auf: Ist es der richtige Weg, eine Lea dieser Größe in einen besonders dicht besiedelten Teil inmitten des sowieso besonders dicht besiedelten Landkreises zu platzieren? Beispiele aus Meßstetten und Sigmaringen zeigen, dass es auch bei ländlicher Umgebung schon viel Konfliktpotenzial birgt, wenn hunderte Menschen aus verschiedenen Kulturen beengt untergebracht sind. Könnte sich das dann auch auf Asperg und Tamm auswirken? An Integration wird jedenfalls kaum zu denken sein, werden Lea-Bewohner doch im Normalfall zügig auf Unterkünfte weiterverteilt.

Und warum werden sonst streng beäugte Umweltaspekte, in diesem Fall ein regionaler Grünzug mit Luftschneisenfunktion, beiseitegeschoben? Es erscheint fragwürdig, ein solches Gelände jetzt für Millionen von Euro zu erschließen, nachdem die Ansiedlung von Gewerbe vor ein paar Jahren aus besagten Gründen noch verneint worden war.

Dem Land kommt entgegen, dass ihm die Fläche gehört. Doch klar ist: Es sollte mit viel Sorgfalt prüfen, ob der Standort für dieses Vorhaben wirklich geeignet ist. Viel spricht dagegen. Dass es Infrastruktur für Ankömmlinge braucht, ist klar. Das stellt auch keiner der Beteiligten in Frage – abgesehen von Kritik an der allgemeinen Flüchtlingspolitik.

Heißt: Das Land sollte vor einer Entscheidung nochmals in sich gehen. Eben wie das die Region in Sachen Erddeponie tut. Eine für alle zufriedenstellende Lösung dürfte auch danach nicht zu finden sein. Auch hier: wie bei der Deponie. Aber hoffentlich findet sich zumindest eine etwas geeignetere.