Der Versuch, das Glücksspielgesetz durchzusetzen, ist in Herrenberg noch immer erfolglos – drei Jahre, nachdem eigentlich ein Abstand von 500 Meter gelten sollte.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Herrenberg - Tilman Beckers Voraussage hat bis über seinen Ruhestand hinaus Bestand: „Nichts wird passieren.“ So kommentierte der bundesweit erste Glücksspielforscher die Vorschrift, dass in Baden-Württemberg Spielhallen 500 Meter Abstand voneinander haben müssen. Sie ist im Landesglücksspielgesetz niedergeschrieben und gilt seit 2017. Damals leitete Becker noch die Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim. Inzwischen ist der Professor emeritiert.

 

Passiert ist innerhalb der vergangenen drei Jahre zumindest wenig. Dieter Bäuerle formuliert es freundlich: „Wir sind froh, dass es jetzt langsam vorangeht.“ Bäuerle leitet das Ordnungsamt der Stadt Herrenberg, die als erste in ganz Baden-Württemberg begonnen hatte, die Abstandsregel durchzusetzen – im Januar 2017, bis heute ohne Erfolg. Seinen Optimismus schöpft Bäuerle aus der Tatsache, dass inzwischen ein Gerichtstermin feststeht. In etwas mehr als zwei Monaten, am 12. Mai, will das Verwaltungsgericht die Klage zweier Spielhallenbetreiber gegen ihre Schließungsverfügungen verhandeln.

Vier von vier Spielhallenbetreibern hatten gegen die Schließung geklagt

Der Glücksspielprofessor Becker hatte geschätzt, dass zwei Drittel der Betreiber klagen werden. In Herrenberg ist diese Prophezeiung übertroffen worden. Vier Spielhallen sind in der beschaulichen Stadt in Betrieb. Geklagt haben alle Betreiber – auch derjenige, der weitermachen darf. Die Juristen der Landeshauptstadt hatten diese Entwicklung offenbar geahnt. Aus dem Stuttgarter Rathaus war von Anfang an verlautbart worden, dass vor 2021 keiner der rund 120 Betriebe schließen müsse – womöglich auch danach nicht, denn im nächsten Jahr sollen die bundesweiten Glücksspielgesetze neuerlich geändert werden.

Vor drei Jahren hatte Bäuerle das Verfahren mit Elan begonnen. „Wir sind auf juristischem Neuland und sehen es sportlich“, sagte er damals, nicht ohne Stolz, die landesweit erste Stadt zu vertreten, die klagt. Inzwischen ist der Sprintwettbewerb zum Marathon geworden. Auch am Ende des Gerichtstermins wird wohl kein Sieger feststehen, dazu sind die Verhandlungen zu kurz. Die Richter haben pro Klage ganze 45 Minuten angesetzt.