„Geht’s dem einen guat, geht’s uns allen guat“ – mit einschlägigen Slogans und einem lauschigen Sommersong wirbt die Wirtschaftskammer in Österreich für ein geplantes Gesetz, das 12-Stunden-Tage ermöglichen soll. Im Netz kommt das gar nicht gut an.

Stuttgart - Ein lauschiger Sommersong, Pastellfarben, lustige Knetfiguren. Das ist nicht die Zusammensetzung für den nächsten Charthit im Juni, sondern der Versuch eines Promo-Video für ein Gesetz in Österreich. Und das kommt bei vielen Österreichern gar nicht gut an. Denn das Video der Wirtschaftskammer Österreich bewirbt ein Gesetz, das unter anderem einen 12-Stunden-Arbeitstag ermöglichen soll. Die Knetfiguren im Video zu „Willkommen in der neuen Welt der Arbeit“ sind total gut drauf – weil sie vom neuen Gesetz zur Flexibilisierung der Arbeitszeit profitieren.

 

Die Regierungsparteien FPÖ und ÖVP haben im Nationalrat einen Antrag eingebracht, der dieses Gesetz auf den Weg bringen soll. Damit soll es dann erlaubt sein, bis zu zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Der Acht-Stunden-Tag soll zwar gesetzliche Normalarbeitszeit bleiben, ab Januar 2019 soll aber auf freiwilliger Basis bis zu zwölf Stunden gearbeitet werden können. Kritiker befürchten, dass sich Arbeitnehmer künftig nicht mehr gegen Überstunden wehren können.

Um kritischen Fragen zuvorzukommen, gibt es im Video einen kleinen Mops, der Fragen stellt zu Überstunden, Kinderbetreuung und Lohnzahlungen. Der Sänger antwortet mit dem immer gleichen Refrain: „Geht’s dem einen guat, geht’s uns allen guat.“ Der 12-Stunden-Arbeitstag wird im Lied so erklärt: „Einmal länger hackeln gehen, wenn‘s das Geschäft verlangt, was der Chef dir mit mehr Freizeit dankt.“

Die Zuschauer zeigen sich von diesen Argumenten wenig beeindruckt. Auf Youtube wurde es rund 300 Mal mit „Daumen nach oben“ markiert. Dem gegenüber stehen über 12.000 „Daumen nach unten“. Und die Reaktionen reichen von Spott über Fassungslosigkeit bis hin zu Wut. Ein Nutzer kommentiert: „(...) der dreiste Versuch, schlechte Neuigkeiten in Knetmasse zu verpacken, begleitet von einem unterdurchschnittlich schlechten Popsong #zurückindiesteinzeit“. Ein anderer Nutzer schreibt: „Widerwärtige, letztklassige Propaganda. Ich hoffe das fügt euch maximalen Imageschaden zu.“ Die Wirtschaftskammer, die das Video hochgeladen hatte, reagierte auf die Kritik und lud die Nutzer zu einer „sachlichen Diskussion Ihrer Bedenken auf Facebook“ ein.

Die FPÖ indes sieht das Gesetz weiter positiv und begründet das Vorhaben entsprechend. Ziel der Flexibilisierung der Arbeitszeit sei „die Anpassung an die modernen Lebensverhältnisse und Lebenswelten, mehr Freiheit/Freizeit für Pendler und Familien, die bessere Vereinbarung von Familie und Beruf, die Möglichkeit zum verlängerten Wochenende, aber auch die Auftragssicherung durch Abdeckung von Spitzenzeiten“.