Der Start war schwierig. Vor allem an den Wochentagen klagten die Mieter im Einkaufscenter Gerber über zu wenig Besucher. Das soll sich jetzt ändern. Der neue Centermanager hat einige Ideen, wie sich die Mall stärker von der Konkurrenz abgrenzen kann.

Stuttgart - Herr Düzel, sie sind eineinhalb Jahre nach Eröffnung des Gerber bereits der zweite Centermanager. Was wollen Sie anders machen als ihr Vorgänger?
Wir streben eine andere Ausrichtung an – etwa, indem wir kulturelle Veranstaltungen ins Gerber holen: Vorträge, Ausstellungen, Life-Musik; von November an wird zum Beispiel die Theatergruppe Lockstoff hier regelmäßig auftreten. Zudem will ich die Bekanntheit des Gerberviertels erhöhen.
Wie wollen Sie den Umsatz steigern, indem Sie Kultur-Events in ihr Einkaufszentrum holen?
Das ist ein Experiment. Bei Kinderflohmarkt, Instagram-Ausstellung oder Benefiz-Veranstaltung sah man schon, wie gut solche Angebote ankommen. Wir wollen uns öffnen und unseren Besuchern einen Mehrwert bieten. Aber natürlich erhoffen wir uns davon auch, neue Kundenkreise zu erreichen.
Nicht nur im Gerber, auch im gesamten Viertel haben Händler beklagt, dass weniger Kunden unterwegs sind, als erwartet. Können Sie sich das erklären?
Wenn ich mich mit Inhabern von Geschäften im Viertel austausche, wird mir gesagt, dass man froh sei, das Gerber hier zu haben. Im Vergleich zu der Zeit davor und vor allem seit Jahresbeginn hat sich die Situation aus deren Sicht deutlich verbessert. Und von Immobilienexperten wird die Marienstraße inzwischen als 1-A-Lage eingestuft.

Das Ziel lautet: Vom Milaneo abgrenzen

Im Gegensatz zum Gerber ist die Konkurrenz, etwa das Milaneo, nicht in ein gewachsenes Viertel eingebettet. Trotzdem pilgern Menschen massenhaft dorthin. Ist das Gerber zu klein, um in diesem Wettbewerb zu bestehen?
Ich bin mir sicher, das Gerber hat die Größe, um Kunden auch aus einem weiteren Einzugsgebiet anzulocken. Das sehen wir speziell an den Wochenenden.
Können Sie sagen, woher Ihre Kunden hauptsächlich kommen?
Rund 50 Prozent kommen aus der Stadt. Doch unser Einzugsgebiet reicht weiter. Wir werden in der Region stärker auf uns aufmerksam machen und setzen auf einen Einzugsradius von 50 Kilometern.
Haben Sie auch Kunden aus dem Ausland?
Bei den Touristen spielen hauptsächlich die Schweizer eine größere Rolle. Wir werden daher zum verkaufsoffenen Sonntag im Oktober explizit in der Schweiz Werbung für das Gerber machen.
Wie hat sich die Auslastung Ihres Parkhauses entwickelt?
Von Januar 2015 bis Januar 2016 haben wir ein Plus von 20 Prozent verzeichnet. Besonders an den Wochenenden ist das Haus voll.

Stadtkaufhaus statt Einkaufscenter

Zur Eröffnung wurde das Geber als Shoppingcenter bezeichnet. Seit Kurzem kursiert nun der Begriff Stadtkaufhaus. Hat man sich inzwischen entschlossen, kleinere Brötchen zu backen?
Wir wollen uns klarer positionieren. Zu einem Stadtkaufhaus gehört beispielsweise, dass die Kunden in einem wertigen Umfeld einkaufen können. Zusätzlich wollen wir unseren Service verbessern. Eltern können etwa ihre Kinder nun in der Kindersuite abgeben, die dann von uns betreut werden. Außerdem wollen wir eine Art Lounge einrichten, wo Online-Käufer ihre Bestellungen abholen und diese bei Bedarf gleich anprobieren können.
Sprechen wir über Zahlen. Wie hat sich die Besucherfrequenz entwickelt?
Wir haben im Schnitt 25 000 Besucher am Tag. Wobei die Zahlen noch sehr schwanken: Das können rund 18 000 an einem Montag sein, und bis zu 37 000 an einem Samstag.
Damit sind Sie bei der Frequenz in dem Bereich angekommen, der ursprünglich als Ziel ausgegeben wurde. Doch Ihre Mieter leben vom Umsatz. Kaufen diese Besucher auch oder laufen sie nur durch das Center hindurch?
Natürlich kauft nicht jeder, der hier hereinkommt auch etwas. Aber so viel kann ich sagen: Die Umsätze entwickeln sich positiv.
In Bezug auf den Branchenmix wurden schon vor geraumer Zeit Veränderungen angekündigt. Doch viel ist davon noch nicht zu sehen. Wie lange brauchen Sie, um sichtbar etwas zu verbessern.
Wir können nicht von heute auf morgen einen Mieter, der nicht mehr zu uns passt, die Tür weisen, da sind uns oft die Hände gebunden. Doch es geht voran. Ein Beispiel: Viele Kunden haben sich einen Anbieter von Kindermode gewünscht. Seit einiger Zeit haben wir nun einen Pop-Up-Store von Korbmayer im Haus.
Welche Art von Betrieben haben Sie als künftige Mieter im Auge?
Wir wollen uns für Läden öffnen, die es sich nicht leisten können oder wollen, in Best-Lage an der Königstraße einen Shop zu eröffnen. Bei uns bekommen solche Geschäfte eine Plattform – insbesondere im Obergeschoss im Gerber-Upstairs, das von Fluxus-Macher Hannes Steim betrieben wird. Die Kunden sollen Dinge entdecken, die Sie überraschen.

Neue Konzepte, neue Kunden?

Reicht das Konzept Gerber-Upstairs, um die bisherigen Probleme im Obergeschoss zu lösen?
Wir sehen es als einen von mehreren Bausteinen. Und wenn das Konzept einmal auf zehn oder 15 Flächen angewachsen ist, wird es auch eine entsprechende Anziehungskraft entfalten. Klar ist aber, dass wir auch für das Obergeschoss auf der Suche nach einem neuen Publikumsmagneten sind.
Wäre es nicht schlauer gewesen, nicht mit aller Macht eine Vollvermietung zur Eröffnung anzustreben, sondern bei der Auswahl der ursprünglichen Mieter mehr auf ein schlüssiges Gesamtkonzept zu achten?
Sicher wäre es besser gewesen, ein schärferes Profil des Hauses zu zeichnen. Jetzt korrigieren wir, was damals versäumt wurde.
Wie lange gibt man Ihnen vonseiten des Eigentümers, der Württembergischen Lebensversicherung, noch Zeit, bis ein Verkauf des Objekts ins Auge gefasst wird?
Das steht in keiner Weise zur Debatte. Ganz im Gegenteil, der Eigentümer steht kreativen Ansätzen offen gegenüber und glaubt an den Standort.
Wird es Ihnen helfen, dass die Württembergische in direkter Nachbarschaft zum Gerber den Heimwerker-Markt Bauhaus ansiedeln wird?
Davon bin ich fest überzeugt. Bauhaus wird im Herbst dieses Jahres eröffnen und zwischen Sophie23 und Gerber wird es sicher einen regen Austausch geben. Gemeinsam mit dem Quartiersmanager des Viertels, Hannes Wolf arbeiten wir an Kooperationen mit unserer Nachbarschaft einzugehen. Wenn es dem Viertel gut geht, wird auch das Gerber profitieren.