Seine Arbeit für den Film „Blade Runner 2049“ ist mit einem Oscar honoriert worden: Gerd Nefzer aus Schwäbisch Hall hat in der Kategorie „Beste visuelle Effekte“ gewonnen. Ein Porträt.

Schwäbisch Hall - Womöglich haben in Schwäbisch Hall in der Nacht zum 5. März die Korken geknallt. Denn in in der Kategorie „Beste visuelle Effekte“ hat der Haller Gerd Nefzer, der „Macher“ der Firma Nefzer Special Effects, zusammen mit drei Kollegen den Oscar gewonnen – für seine Effekte in dem Science-Fiction-Streifen „Blade Runner 2049“.

 

Das Büro liegt im zweiten Stock eines Hauses in der Haller Altstadt. Dort hat Karl Nefzer 1968 die Firma unter seinem Namen als Verleih von Filmautos und -waffen gegründet. Dort also soll die Keimzelle von Spezialeffekten in Science-Fiction-Blockbustern liegen? Kaum vorstellbar. Dass der Oscar-Nominierte einmal „ein fauler Schüler und gelernter Landwirt“ war, erst recht. Zahlreiche Filmplakate hängen an den Wänden, in denen der heute 52-Jährige für Spezialeffekte verantwortlich war: der Superhelden-Blockbuster „Captain America: Civil War“, Steven Spielbergs Agententhriller „Bridge of Spies“ und Wes Andersons Tragikomödie „Grand Budapest Hotel“ – und natürlich Denis Villeneuves‘ Science-Fiction-Fortsetzung „Blade Runner 2049“. Dieser Film ist auch noch für die Kamera, den Ton, den Tonschnitt und das Szenenbild für Oscars nominiert.

Der Weg ins Filmgeschäft war hart

An einem Wochenende ist Gerd Nefzer kürzlich von Berlin nach Hause zur Familie in Schwäbisch Hall gefahren. Dort leben die Frau und die beiden Kinder Janna und Lucca, dort leben die Freunde, mit denen er sich abends gerne auf ein Bier trifft. Die Musik des Unternehmens spielt heute jedoch vor allem in Babelsberg auf dem Gelände des traditionsreichen Studios. Nach der Wende gründeten die Nefzers dort eine Dependance. Um als deutsche Firma in das internationale Filmgeschäft zu kommen, „dafür muss man schon etwas leisten“, sagt Gerd Nefzer und knetet gedankenverloren die kräftigen Hände, denen man ansieht, dass sie zupacken können. Dann schiebt er hinterher, es sei ein „harter und schmerzhafter Weg“ gewesen.

Begonnen hat die ungewöhnliche Karriere des Landtechnikers Mitte der 1980er. „Der Vater meiner damaligen Freundin und jetzigen Frau“, der heute 78-jährige Karl N efzer, hat sein Talent offenbar früh erkannt und schickte den jungen Mann nach München. Er sollte sich um die Fahrzeuge und Filmwaffen der Firma kümmern, die in der Fernsehfilm-Reihe „Rote Erde“ eingesetzt wurden. „Das war mein erster Film“, erinnert sich Gerd Nefzer. Es folgten viele TV-Produktionen, etwa die Schimanski-„Tatorte“, „Wolffs Revier“ und dann 1994 „Die unendliche Geschichte III“: „Da hat es Klick gemacht.“ Die Liste seiner Engagements in der Filmdatenbank IMDb liest sich wie ein Filmlexikon und ist lang. Erst der Special Effect Assistent, dann der Supervisor Gerd Feuchter, jetzt Nefzer – er hat inzwischen den Familien- und Firmennamen angenommen – ist ein unermüdlicher Arbeiter. Der kräftige Mann zuckt mit den Schultern: „16- bis 20-Stunden-Schichten sind die Regel, bis der Film rum ist.“ So sei das eben, um das Unternehmen am Laufen zu halten, müssten eigene Interessen zurückstehen.

In Wassertropfen bricht sich das Licht

Im Grund aber, da würde er nicht widersprechen, lebt der 52-Jährige für seinen Job. Der Behauptung, dass „Blade Runner 2049“ sein Meisterstück ist, ebenso wenig. Gerd Nefzer hat hier an etwas gearbeitet, das zunächst wenig spektakulär erscheint, das aber die Atmosphäre der 150-Millionen-Dollar-Produktion entscheidend beeinflusst: am Wetter, an Nebel, Regen, Schnee und Sturm. „Denis (Villeneuve, Regie) und Roger (Deakins, Kamera) war das enorm wichtig“, erzählt der Experte, „alles sollte so realistisch wie möglich aussehen.“ Statt mit einer gewöhnlichen Nebelmaschine zu arbeiten, erzeugten Nefzer und seine Leute mit Hilfe von Hochdruckpumpen und feinen Düsen Wassertropfen, in denen sich das Licht bricht.

Sie bauten kleine Maschinen, die kunstvoll beleuchtet Wellenmuster an die Wand projizierten. Sie fabrizierten schmutzigen Schnee, ließen es stürmen, regnen und zuletzt Harrison Ford in einem Flugbus von einer Kai-Anlage in einen aufgewühlten Ozean rutschen, wo ihn langsam die Wellen verschlingen – „für unser Team der anspruchsvollste Teil des Films“. Im Gegensatz zu den visuellen Effekten, die am Computer entstehen, werden Spezialeffekte direkt am Drehort erzeugt und gefilmt – da muss alles sitzen.

Die Jury der Academy Awards hat der Perfektionismus des Hallers am Ende überzeugt – und Gerd Nefzer den Oscar in der Tasche.