Der Benefiz-Schwätzer Gerhard Raff treibt das Kirchen-Spendenbarometer ordentlich nach oben.

Weissach - Mit Händels furioser „Feuerwerksmusik“ startet der Posaunenchor festlich in den Abend und Bernd Hörnlen, der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins (OGV), freut sich nach einem prüfenden Blick in die voll besetzte Strudelbachhalle: „Es sind etwa 400 potenzielle Spender da!“

 

Denn darum geht es: Der OGV will mit seinem „Schwäbischen Abend“ am Freitag einen Beitrag leisten zur Renovierung der Evangelischen Kirche – und das Spendenbarometer am Kirchturm ordentlich in die Höhe treiben, wobei die eingegangenen Spenden durch einen Mäzen, der anonym bleiben will, auch noch verdoppelt werden.

Dazu hat der Verein allerlei schwäbische Prominenz aufgeboten: adlige Herrschaften, wie die erste württembergische Weinkönigin von 1950 Martha Knobloch sowie die amtierende Streuobstprinzessin des Landkreises Böblingen Saskia Fesenbeck, dazu den Schirmherr der Veranstaltung Bürgermeister Daniel Töpfer, Pfarrer Thomas Nonnenmann, den Vorsitzenden des Kirchengemeinderates Johannes Morlok. Und natürlich die schwäbischen Urviecher Gerhard Raff und Sabine Essinger.

„Der Secco, ich muss ihn loben, ist ein Geschenk von oben“

Zu diesem Anlass wird auch der spritzige Apfel-Birnen-Secco des OGV angeboten: „Der Secco, ich muss ihn loben, ist ein Geschenk von oben“, und auch mit ihm wird die Kirchenrenovierung unterstützt. Bürgermeister Daniel Töpfer freut sich nicht nur, dass er seine Wette gewonnen hat (dass nämlich die Halle voll wird), sondern auch, dass mit der Kirchenrenovierung „ein Stück Weissacher Heimat“ erhalten werden kann – und das durch die Gemeindemitglieder selbst.

Und dann setzt Gerhard Raff, renommierter Buchautor und Kolumnist der Stuttgarter Zeitung, aus alter Degerlocher Bauern- und Wengerterfamilie stammend und schon als Kind von der Großmutter im Kuhstall mit schwäbischer Hochkultur beglückt, „sei Gosch ei“ für den guten Zweck.

Er liest die Geschichte von Mose, den biblischen Landplagen und „Manna, besser wia Schneckanudla“, vom heiligen Martin, der „emma Bettler em Hemmad koi Butterbrezel, aber d’Hälfte von seim Mantel gäba hot“ und von seiner ersten Begegnung mit einer Punkerin in der Stadtbahn, die sich trotz „am Haufa Sicherheitsnadla ond Rasierklinga am Revers“ als literarisch interessierte junge Frau entpuppt. Da ihm der Herr „reichlich Hirn rag’schmissa hot“, fühlt sich das Publikum durch seine „Mund-Art“ amüsant und intelligent unterhalten.

Die ganze Typologie der schwäbischen Weibsleut’

Im zweiten Teil holt Sabine Essinger, die selbst ernannte „Schlabbarettistin“ aus Besigheim (Landkreis Ludwigsburg), aus ihrer kabarettistischen „Kruschtlschublad“ eine ganze Typologie der schwäbischen Weibsleut’: Nicht nur Berta Fleischle guckt da gern neugierig und zuweilen bissig über den eigenen Gartenzaun, deren Tochter lackiert sich mal eben an der Ampel noch schnell, aber kunstvoll die Fingernägel und Oma und Baby beobachten aus ihrer jeweils eigenen Perspektive das Treiben in der Familie und der Welt: „So isch’s no auch wieder...“

Dazu spielt Sabine Essinger nicht nur Dudelsack – natürlich in eine schottische Kittelschürze gewandet – sondern auch Akkordeon und Gitarre, singt und jodelt. Sie philosophiert mit Albert Einstein („Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Raum nehm’ ich ein“) und parodiert sauglatt die französische Chansonsängerin Edith Piaf.

Nach dem gemeinsamen Lied „Preisend mit viel schönen Reden“, begleitet vom Posaunenchor, klingt der gelungene Abend in der Strudelbachhalle mit einem Kurzfilm über Weissach aus: „Unsere Gemeinde, unsere Heimat, unsere Kirche.“