Der mutmaßliche Mörder des elfjährigen Tobias aus Weil im Schönbuch muss sich in wenigen Wochen vor Gericht verantworten.

Stuttgart - So lange es gedauert hat, dem mutmaßlichen Mörder des elfjährigen Tobias aus Weil im Schönbuch auf die Spur zu kommen, so schnell geht es jetzt: etwas mehr als drei Monate nach der Festnahme eines 47 Jahre alten Bäckers aus dem Kreis Esslingen hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage erhoben.

 

Der Angeschuldigte, der seit Ende August in Stammheim in U-Haft sitzt, hat umfassend gestanden, den Jungen am 30. Oktober 2000 an einem Fischweiher ermordet zu haben. Der Anklage zufolge lockte er Tobias unter dem Vorwand, Probleme mit seinem Fahrrad zu haben, hinter eine Vereinshütte. Nichtsahnend sei ihm der Junge gefolgt. Hinter der Hütte bedrohte der 47-Jährige Tobias offenbar mit einem Messer und wollte ihn zwingen, seiner Hose herunterzuziehen. Der Junge begann jedoch laut um Hilfe zu rufen, woraufhin der Mann laut Staatsanwaltschaft „wahllos und mit wuchtigen Stichen“ insgesamt 38-mal auf Tobias einstach. Der Junge erlitt so schwere Verletzungen, dass er verblutete.

Prozessauftakt nicht vor Februar

Der Angeschuldigte muss sich jetzt wegen Mordes und versuchten schweren sexuellen Missbrauchs verantworten. Das Verfahren vor der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart wird die erfahrene Richterin Regina Rieker-Müller leiten, Verteidiger ist der Stuttgarter Rechtsanwalt Michael Lepp. Der Prozess beginnt wohl nicht vor Februar. Dieser Tage wurde dem Landgericht der Anklagesatz zugestellt; Verteidigung und Staatsanwalt haben jetzt bis Ende Dezember Zeit, Beweis- und andere Anträge zu stellen, bevor über die Eröffnung entschieden wird.

Der Prozess wird ein großes Medienecho auslösen: der Fall des getöteten Jungen hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht – auch, weil die Ermittlungen überschattet waren von Vorwürfen aus der Bevölkerung. Viele hielten einen anderen Dorfbewohner für den Mörder, sie waren verunsichert, fürchteten weitere Taten und verstanden nicht, warum die Justiz diesen nicht zur Rechenschaft zog.

Der Verdächtige war völlig unauffällig

Dass den Ermittler schließlich der Bäcker ins Netz ging, ist einem Zufall zu verdanken. Im Zusammenhang mit einer Wohnungsdurchsuchung in anderer Sache stießen sie auf Zeitungsartikel und Fotos, die die Beamten misstrauisch machten. Bis dahin lebte der 47-Jährige völlig unauffällig und sehr zurückgezogen, er hat keine Vorstrafen, war in keinem Verein Mitglied und hatte kaum soziale Kontakte.

Ein DNA-Abgleich spricht dafür, dass sein Geständnis zutreffend ist: Das Blut, das an der Kleidung des Jungen gefunden wurde, stammt von dem Angeschuldigten. Ihm droht eventuell sogar Sicherungsverwahrung. Zwar wird sie überwiegend bei Wiederholungstätern angeordnet, aber sie ließe sich womöglich auch mit den grausamen Umständen der Tat begründen.