Ein Lastwagenfahrer aus Renningen klemmt beim Rückwärtsfahren einen Mitarbeiter ein.

Leonberg - Das Leonberger Amtsgericht hat ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung gegen einen 53 Jahre alten Lkw-Fahrer vorläufig eingestellt. Dieser war im Renninger Industriegebiet rückwärts an eine Laderampe angefahren und hatte dabei einen 58-jährigen Mitarbeiter eingeklemmt, wodurch dieser tödliche Verletzungen erlitt (wir berichteten). Der Mann aus Renningen muss zugleich eine Geldauflage in Höhe von 1600 Euro leisten.

 

Die Staatsanwaltschaft hatte ihm vorgeworfen, dass er in den Nachtstunden im März 2015 trotz einer internen Arbeitsanweisung bis zur Beendigung des Rangiervorgangs nicht mit dem zuständigen Kontrolleur telefonischen Kontakt gehalten hatte. Außerdem blieb der Renninger mit der Wechselbrücke zunächst in einem Abstand von 20 Zentimetern zur Rampe stehen, bevor er dann weitere zehn bis 15 Zentimeter zurücksetzte, was nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nicht notwendig für den Ladevorgang war. In diesem Augenblick hatte der 58-Jährige, der sich damals als Kontrolleur im Lager befand, aus ungeklärter Ursache die Torabdichtung zur Seite gedrückt und seinen Kopf nach draußen gestreckt – dann wurde er zwischen Torpfosten und Wechselbrücke eingeklemmt.

Konnte er den Mann sehen?

Nach der Vernehmung der Zeugen ergab sich aber ein etwas anderes Bild für das Gericht. Laut einem Mitarbeiter der Gewerbeaufsicht, der die Betriebshalle auf Sicherheitsmängel untersucht hatte, war zum Unfallzeitpunkt das Rolltor an der Rampe im oberen Bereich nicht heruntergelassen – damit wäre das Hinausschauen nicht möglich gewesen. Mit seinem Blick nach draußen hatte der Kontrolleur aber dennoch klar gegen die Sicherheitsregeln verstoßen. Auch war an der Laderampe kein Anfahrpuffer angebracht, welcher verhindert hätte, dass die Wechselbrücke des rangierenden Lkws bis an die Torabdichtung heranfahren konnte. Darüber hinaus sei es dem Fahrer schlichtweg nicht möglich gewesen, beim Zurücksetzen den rückwärtigen Bereich einzusehen.

Außerdem sagten Mitarbeiter aus, dass es keine interne Anweisung zum telefonischen Kontakt während des Rangiervorgangs gegeben habe. „Es gab nur einen Anruf, wenn das Tor frei war, das Anfahren machte ich ganz alleine“, sagte der Angeklagte, der seit 2011 für die Firma arbeitet. Ohne Freisprecheinrichtung und mit einer Hand am Lenkrad hätte dies ihm zufolge ohnehin nicht funktioniert. „Niemand konnte damit rechnen, dass er seinen Kopf rausstreckt.“ Den Arbeitsunfall hatte er damals gar nicht mitbekommen und erst 20 Minuten später davon erfahren.

Neue Sicherheitsvorkehrungen

Nach Sichtung der Aufnahmen einer Überwachungskamera blieb aber weiterhin fraglich, weshalb der Fahrer noch mal zurückgesetzt hatte. „Die Frage ist, ob man dem Angeklagten sein Verhalten zum Vorwurf machen kann“, sagte der Amtsrichter Josef Weiß und meinte: „Was den telefonischen Kontakt angeht, sehe ich es weniger, aber mit Blick auf das nochmalige Anfahren, das nicht erforderlich gewesen wäre und unter dem Strich der Punkt war, weshalb es leider zum Unfall kam, bin ich anderer Meinung.“ Gleichwohl machte der Richter deutlich, dass der „Verschuldensbeitrag“ des 53-Jährigen „am unteren Rand“ lag und regte eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage an.

Sowohl der Verteidiger als auch die Staatsanwältin schlossen sich am Ende an – damit verzichtete das Gericht auf das Gutachten des Sachverständigen. Die Hauptschuld liege eindeutig beim Arbeitgeber, der keine technischen Voraussetzungen geschaffen habe, so die Staatsanwältin.

Nach dem schrecklichen Arbeitsunfall wurden die Sicherheitsvorkehrungen auf dem Betriebsgelände verschärft. So gibt es inzwischen an jedem Tor einen Anfahrschutz. Außerdem wurden die Lkws mit Rückfahrkameras ausgestattet.