Eigentlich wollte die Landesregierung die Orte der Prostitution im Südwesten noch im Lockdown belassen. Daraus wird jetzt nichts. Der Verwaltungsgerichtshof ordnet das Ende der Schließung an.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Mannheim - Wenige Branchen haben unter der Corona-Pandemie so lange und ausdauernd gelitten, wie die der Prostitution. Seit dem 2. November 2020 ist das Rotlicht-Milieu im Lockdown, zumindest offiziell. Was in privaten Wohnungen geschieht, ist schwer zu überprüfen. Die Landesregierung in Baden-Württemberg hätte an diesem Zustand gerne noch eine Weile festgehalten. Doch da war der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim anderer Meinung. Die Richter des für Corona-Fragen zuständigen 1. Senats haben das Rotlicht nun wieder angeschaltet. Sie gaben dem Eilantrag einer Bordellbetreiberin aus dem Regierungspräsidium Karlsruhe statt.

 

Eingriff in die Berufsfreiheit

Die Richter begründeten dies mit der Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit der Betreiberin. Das deutlich verbesserte Pandemiegeschehen mache ein Totalverbot „inzwischen unverhältnismäßig“. Die Argumentation des Landes, in Betrieben dieser Art bestehe ein „stark erhöhtes Infektionsrisiko“ ließ das Gericht nicht gelten. Zwar sei die Infektionsgefahr bei sexuellen Dienstleistungen noch größer als bei anderen körpernahen Dienstleistungen, dem müsse das Land aber anders als durch ein Totalverbot begegnen. So könne von den Bordellbetreibern auch verlangt werden, ein Hygienekonzept zu erarbeiten.

Die Landesregierung arbeitet derzeit an einer grundlegenden Änderung der Coronaverordnung. Die soll spätestens zum 28. Juni fertig sein – und sollte auch eine Regel zum Rotlichtgewerbe enthalten. So lange wollten die Richter nicht warten. Sie setzten den entsprechenden Passus der aktuell gültigen Verordnung mit sofortiger Wirkung außer Vollzug – und gaben dem für die Verordnung zuständigen Sozialministerium eine Handreichung mit auf den Weg. In den neuen Regeln könne auch festgeschrieben werden, was bei einem erneuten Wiederanstieg der Infektionszahlen mit den Bordellen geschehe.

Andere Länder haben schon geöffnet

Baden-Württemberg wird mit der Öffnung der Bordelle keine Vorreiterrolle einnehmen. In Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt ist das Rotlicht bereits wieder an, in Berlin steht es kurz bevor. Im bevölkerungsreichsten Bundesland ist der Umgang mit den Prostituierten in der Coronaverordnung geregelt. Unter einer Inzidenz von 35 ist die Bordellöffnung möglich, der anonyme Besuch nicht. Die Rückverfolgbarkeit der Besucher muss gewährleistet werden.