Betroffene klagen über die schlechte Luft am Neckartor und fordern den Ausbau von Bus und Bahn. Der dort ansässige ADAC sieht Fahrverbote dennoch kritisch. Wir haben uns am Neckartor umgehört.

Stuttgart - Wenn an diesem Freitag das Verwaltungsgericht Fahrverbote für die Stuttgarter Innenstadt aussprechen sollte, dürften viele Anwohner am Neckartor ziemlich froh sein. 80 000 Autos und Lastwagen donnern jeden Tag vorbei, hupen und stoßen so viel Schadstoffe aus, wie an keiner anderen Straße der Republik. „Bei offenem Fenster kriegt man hier keine Luft“, sagt eine Anwohnerin. Am Morgen schließe sie die Rolladen und lüfte nachts, wenn weniger Autos führen, sagt die 50-jährige Friseurin, die vor 14 Jahren wegen des aufregenden Kulturlebens in die Stadt zog. Auch die neue Klimaanlage helfe nur wenig. „Wegziehen? Bei meinem Gehalt und den Mietpreisen kann ich mir das nicht leisten“, sagt sie.

 

Ein mögliches Urteil, dass ältere Dieselmodelle nicht mehr die Innenstadt passieren dürften, sieht die Frau daher positiv. „Am besten wäre ein Tunnel, der den ganzen Verkehr der Stadt einschließt“, betont sie und zieht den Hund an der Leine in den Park, „etwas Luft schnappen“. Auch die Studentin Annabel Schäfer könnte einer autofreien Straße am Neckartor etwas abgewinnen. „Umweltschutz geht heute jeden an und ist wichtig“, sagt die 20-Jährige.

Bessere Infrastruktur und verlässliche Schadstoffwerte

Fahrverbote sehen jedoch nicht alle positiv. „Wenn man Auto fährt, darf man keine Verbote fordern“, sagt Stefan Blum, der selbst zwar jeden Tag mit der Bahn aus Filderstadt an die Neckarstraße zur Arbeit pendelt, aber auch nachvollziehen kann, warum viele mit dem Auto anreisen. „Das öffentliche Verkehrsnetz ist schlecht ausgebaut und teuer“, sagt der IT-Spezialist. Das Feinstaub-Problem sollte daher seiner Meinung nach ,nicht die Justiz regeln, sondern die Stadt durch eine verbesserte Infrastruktur und die Automobilbranche, die aufhören müsse, die Bürger zu „belügen“. „Wenn Autos das ausstoßen, was Anbieter versprechen, dann können Städte den Verkehr besser planen“, sagt Blum mit Verweis auf den Dieselskandal in der Automobilindustrie.

Auf eine verbesserte Infrastruktur pocht auch der ADAC, der am Neckartor seinen Sitz hat, und mehr Parkmöglichkeiten an Bahnhöfen oder besser gesicherte Fahrradstellplätze fordert. Ein gutes Beispiel sei hier der Bahnhof in Stuttgart-Vaihingen, wo es genügend Park and Ride-Stellplätze gäbe. „Gesundheitsschutz geht vor persönlicher Mobilität“, sagt Pressesprecher Reimund Elbe. Aber die Probleme dürften nicht ausschließlich auf den Schultern einzelner Autofahrer ausgetragen werden, die auf das Fahrzeug in der Stadt angewiesen seien, so der Sprecher des Mobilitätsclubs.