Ein 27-jähriger pakistanischer Asylbewerber muss für zwei Jahre ins Gefängnis, weil er eine junge Frau überfallen und sexuell genötigt hat. Er packte sein Opfer auf dem Neckarradweg und bedrängte es massiv. Die Frau floh mit einem Sprung in den Neckar.

Esslingen - Der Fall verursachte im September vor drei Jahren in Esslingen große Aufregung. Ein Mann fiel am Neckar über eine junge Frau her, die sich erbittert gegen den Angreifer wehrte und schließlich in den Fluss sprang, um dem Täter zu entkommen und ihr Leben zu retten. Nur durch Zufall ist der heute 27 Jahre alte Verbrecher knapp zweieinhalb Jahre später durch einen DNA-Abgleich eindeutig identifiziert worden. Der pakistanische Flüchtling wurde am Mittwoch vom Amtsgericht Esslingen wegen sexueller Nötigung und vorsätzlicher Körperverletzung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Sein Opfer leidet noch heute unter der Tat.

 

Man kann sich kaum vorstellen, was die damals 31-jährige Frau an jenem Abend des 26. September 2015 durchlitten hat. Beim Walken auf dem Neckartalradweg wird sie gegen 19.40 Uhr an einer entlegenen Stelle am Flussufer plötzlich von einem Mann gepackt, er küsst sie und leckt ihr über die Wange. Er beißt sich im wortwörtlichen Sinn an ihr fest und ignoriert ihr Flehen, sie gehen zu lassen. Nach einem erbitterten Kampf von rund 15 Minuten gelingt es der Frau, sich loszureißen. Er setzt ihr erneut nach, und sie sieht nur noch einen Ausweg: den Sprung in den kalten Neckar. Sie schwimmt – weiterhin unter Todesangst – die etwa 75 Meter lange Strecke zum gegenüberliegenden Ufer, wo ein Autofahrer auf der B 10 hält und ihr hilft.

Vor Gericht durchlebt die Frau den Übergriff erneut

In ihrer Aussage vor Gericht durchlebt die heute 34-Jährige den schrecklichen Übergriff erneut. Eindrucksvoll schildert sie, wie der damals Unbekannte bereits ein zweites Mal an ihr vorbei joggt, sie dabei unvermittelt an sich zieht und sie immer fester umklammert, „please, please“ schreit, nach Alkohol stinkt. Mit Schlägen und Tritten habe sie sich gegen ihn gewehrt, habe später mit Ästen nach ihm geworfen – vergeblich. Auch ihr Flehen, er möge sie am Leben lassen – „Just let me go, let me live“ – sei an ihm abgeprallt. Selbst ein beherzter, mit aller Kraft zupackender Griff in seine Genitalien habe ihn nicht beeindruckt, berichtet sie. Doch die heftige Gegenwehr habe ihr letztlich die Gelegenheit verschafft, zu fliehen und sich in den Neckar zu retten.

Der 27-jährige Flüchtling aus Pakistan, der in einer Unterkunft in Altbach lebte, gibt vor Gericht an, er könne sich an jenen Abend nicht mehr erinnern. Er habe damals mit einem Kumpel zwei Flaschen Whisky geleert, sei völlig betrunken gewesen. Er verstrickt sich ständig in Widersprüche, er wirkt sehr unglaubwürdig. Die Polizei ist ihm mehr als zwei Jahre nach der Tat zufällig auf die Schliche gekommen. Aufgrund der Ermittlungen zu einer von ihm begangenen Körperverletzung wird er erkennungsdienstlich behandelt, und siehe da: der DNA-Abgleich mit einer Speichelspur des Angeklagten, die seinerzeit auf der Wange seines Opfers sichergestellt wurde, ergab einen eindeutigen Treffer. Er wurde Anfang April festgenommen und von seinem Opfer zweifelsfrei identifiziert.

Der 27-Jährige entschuldigt sich im Gerichtssaal bei der 34 Jahre alten Frau. Aber er kann sich wohl nicht vorstellen, wie sie nach dem Überfall weiter gelitten hat und noch bis heute leidet. Sie habe Angst gehabt, er könne sie ausfindig machen, ihr noch einmal etwas antun. Sie war in psychologischer Behandlung, fürchtet sich vor einsamen Orten, wechselt mitunter die Straßenseite, wenn ihr eine Personengruppe entgegen kommt. „Mein gesamtes Weltbild ist ins Wanken geraten“, berichtet sie. Vor der Tat sei sie Fremden gegenüber offen gewesen, heute misstrauisch.

„So einen wie Sie darf man nicht laufen lassen“

Auch beim Grund für die Flucht nach Deutschland über die Türkei, macht der Angeklagte unterschiedliche Angaben. Mal führt er einen Streit mit seinen Cousins an, mal eine angebliche Krankheit seines Sohnes in Pakistan, für den er von Deutschland aus medizinische Hilfe habe organisieren wollen.

Die Vorsitzende Richterin und die Schöffinnen verurteilen den 27-Jährigen zu zwei Jahren Haft. Eine Bewährung komme nicht infrage, betont die Richterin. Sie empfinde nach der Beweisaufnahme ebenso wie die Nebenklägervertreterin: „So einen wie Sie darf man nicht laufen lassen.“