Darf man Bier als bekömmlich bewerben? Um diese Frage stritten sich ein Bierbrauer und der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW). Das Landgericht Ravensburg entschied nun gegen die Brauerei.

Ravensburg - Das Wort „bekömmlich“ hat in der Werbung für Bier nichts zu suchen. Das hat das Landgericht Ravensburg am Dienstag entschieden. Es berief sich auf eine Verordnung der Europäischen Union, die gesundheitsbezogene Angaben zu Bier in der Werbung verbietet. Das Wort „bekömmlich“ suggeriere, dass Bier für den Körper verträglich sei und damit gesundheitsbezogen, hieß es zur Begründung. Beendet ist der Rechtsstreit damit aber voraussichtlich noch nicht: Die betroffene Brauerei Härle aus Leutkirch in Baden-Württemberg kündigte an, in Berufung zu gehen.

 

Streit um bekömmliches Bier: Was ist erlaubt, was nicht?

Die Brauerei hatte einige ihrer Biersorten mit dem Begriff „bekömmlich“ angepriesen. Der Berliner Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) fand jedoch, dass der Begriff die Gefahren des Trinkens von Alkohol verschweige, und ließ per einstweiliger Verfügung die Werbung mit dem Begriff untersagen. Diese Anordnung bestätigte nun das Landgericht Ravensburg.

VSW-Geschäftsführerin Angelika Lange sagte, Werbeslogans wie „bekömmlich“ für Alkohol seien aus gutem Grund verboten. Mit Alkoholkonsum seien viele Gesundheitsrisiken verbunden. Die Zahl der Alkoholabhängigen sei groß. Die volkswirtschaftlichen Kosten für ihre Behandlung seien enorm, ganz abgesehen vom persönlichen Leid, das mit Alkoholismus verbunden sei.

Anwalt der Brauerei kritisiert das Urteil

Der Anwalt der Brauerei und Geschäftsführer des Verbandes der Privaten Brauereien in Deutschland, Roland Demleitner, indes kritisierte das Urteil. Er halte es weiter für fraglich, ob die bloße Verwendung des Wortes „bekömmlich“ schon gesundheitsbezogen sei. Der Kontext der Werbung sollte immer mit berücksichtigt werden. Die Brauerei Härle habe mit dem Wort lediglich den Geschmack des Bieres bewerben wollen.

Brauereichef Gottfried Härle betonte, die Urteilsbegründung habe ihn nicht überzeugt. Das Gericht habe sich auf eine einfache Definition des Begriffes „bekömmlich“ im Duden zurückgezogen und sei nicht darauf eingegangen, dass das Wort viele verschiedene Bedeutungen habe. Dennoch zieht die Brauerei Konsequenzen: Die Etiketten werden mit Filzstift geändert und das Wort „bekömmlich“ durchgestrichen.

Härle sieht durch das Urteil einen weiteren Slogan der Brauerei in Gefahr: „Wohl bekomm’s“. Schließlich könne „bekömmlich“ davon abgeleitet werden, sagte er. Andere Brauereien würden mit „Auf Ihr Wohl“ werben - und auch das wäre infrage zu stellen, wenn man der Argumentation des Gerichts folge. Weil die Frage von grundsätzlicher Bedeutung sei, werde die Brauerei Berufung einlegen.

Um ihren Slogan „Wohl bekomm’s“ müsse sich die Brauerei keine Sorgen machen, sagte hingegen Constantin Rehaag, Experte für Wettbewerb- und Markenrecht der Frankfurter Kanzlei Dentons. Das sei ein Trinkspruch ähnlich wie „Prosit“, der übersetzt eine ähnliche Bedeutung habe. Da es sich nur um einen Wunsch und nicht um eine gesundheitsbezogene Angabe handle, dürfte diese Redewendung sicherlich auch weiterhin zur Werbung genutzt werden.

Das Urteil ist „keine große Überraschung“

Das Urteil aus Ravensburg sei „keine große Überraschung“, sagte Rehaag. Das Wort „bekömmlich“ werde in der Rechtsprechung durchweg als gesundheitsbezogen gewertet. Auch der Durchschnittsverbraucher lege das Wort „bekömmlich“ in diesem Sinne aus - und die vom Gericht herangezogene EU-Verordnung sei dazu da, den Verbraucher zu schützen. Die Bierbranche versuche natürlich, sich mit kreativen Werbebegriffen am Markt zu etablieren. Das aktuelle Urteil zeige aber, dass es besser sei, vor dem Platzieren einer neuen Werbung noch mal genauer in die Gesetzesbücher zu schauen. Sonst sei die Investition in schicke neue Etiketten oder Flyer im schlimmsten Fall verloren.

VSW-Geschäftsführerin Lange sagte, normalerweise hielten sich die Brauereien an die gesetzlichen Vorgaben. Der aktuelle Fall sei nur ein Ausreißer. Dem Verband lägen derzeit keine ähnlichen Beschwerden mehr vor.

Laut Rehaag stehen Brauereien ohnehin nicht so sehr im Fokus der Wettbewerbshüter, da sie sich meist an die gesetzlichen Vorgaben zur Werbung hielten. Wesentlich mehr Bewegung gebe es bei der Werbung für Lebensmittel, die sich an Kinder richte. Die Werbeindustrie versuche, Kinder zum Kauf von Produkten zu bewegen und gleichzeitig die Eltern zu beruhigen. Dagegen zögen Verbraucherschutzverbände zu Felde. In diesem Spannungsfeld komme es immer wieder Prozessen.