Sind nur die Gerichte schuld, wenn Verdächtige wegen überlanger Verfahren freigelassen werden müssen? So leicht kann sich die Landesregierung nicht aus der Affäre ziehen, kommentiert der StZ-Autor Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Im Stuttgarter Kabinett wird normalerweise nicht viel diskutiert, sondern zügig entschieden. Doch die Nachricht, dass zwei mutmaßliche Gewalttäter wegen überlanger Verfahren vor ihrem Prozess aus der Haft entlassen werden mussten, beschäftigte auch die Regierenden. Eben hatte es noch Aufregung gegeben, weil tausende von Haftbefehlen im Land nicht vollzogen werden, nun mussten zwei potenziell gefährliche Männer auf freien Fuß gesetzt werden – das fanden sie genauso irritierend wie viele Bürger. Nach einer lebhaften internen Debatte, wer dafür die Verantwortung trage, gab Winfried Kretschmann öffentlich eine Antwort: die Politik sei nicht schuld, denn sie habe die Justiz mit dem nötigen Personal ausgestattet. Wie dieses eingesetzt werde, sei Sache der Gerichte, deren Unabhängigkeit man respektiere.