Nach der vorläufigen Festnahme eines 15-jährigen Schülers in Gerlingen wird im Internet viel über die Hintergründe spekuliert – über den Einfluss von Killerspielen oder die Rolle der Schule. Viele Kommentare sind sachlich und wichtig, andere reine Polemik.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Gerlingen - Dass Menschen besorgt sind, wenn ein Schüler womöglich einen Amoklauf vorbereitet hat – das ist vollkommen verständlich. Ebenso verständlich ist, dass im Internet viel über den jüngsten Fall aus Gerlingen diskutiert wird. Immerhin hatte der 15-Jährige, den die Polizei am Dienstag vorläufig festgenommen hat, Waffen gehortet, Fluchtpläne seiner Schule studiert und im Internet offen Sympathien für frühere Amokläufer geäußert. Und: er hatte Kontakt mit David S., der am vergangen Freitag in München neun Menschen erschossen hat.

 

Das alles bietet Raum für Spekulationen, und im Netz wird kräftig spekuliert. Manchmal sind die Kommentare sachlich und bieten Stoff für eine tiefergehende Erörterung. So stellen viele die Frage, warum die Politik, sobald das Thema Amok aktuell wird, reflexartig die Debatte über ein Verbot von Killerspielen reaktiviert. Auch der 15-jährige Gerlinger nutzte solche Spiele. „Er hat vermutlich auch Brot gegessen, sollen wir deshalb jetzt Brot verbieten?“, fragt ein Facebook-Nutzer. Das ist sehr zugespitzt formuliert. Man kann geteilter Meinung sein, inwieweit Ego-Shooter und Amoktaten in einem Zusammenhang stehen. Aber: darüber lässt sich reden.

Eine Schule kann nicht die Internetaktivitäten ihrer Schüler überwachen

Wenig konstruktiv ist allerdings, dass manche das Internet für sinnlose Polemik missbrauchen. Da wird gemutmaßt, der Jugendliche sei vermutlich ein islamistischer Terrorist, obwohl von offiziellen Stellen längst bestätigt wurde, dass er keinen Migrationshintergrund habe und ein terroristischer Hintergrund ausgeschlossen werden könne. Und da wird, wenn auch nur in wenigen Einzelfällen, die Schule an den Pranger gestellt. Der Tenor: dort hätte man doch mitbekommen müssen, dass ein Schüler gedanklich abdriftet.

Das jedoch ist sehr viel verlangt. Schüler in diesem Alter haben oft Probleme, mannigfaltige sogar. Aber längst nicht jede Pubertätsdepression mündet in Gewalt. Zumal im aktuellen Fall noch völlig unklar ist, ob sich der 15-Jährige an seiner Schule überhaupt auffällig verhalten hat. Er soll, heißt es, ein guter Schüler gewesen sein. Niemand kann in die Köpfe anderer Menschen hineinschauen, und eine Schule kann nicht jeden Konflikt erkennen oder gar die Internetaktivitäten ihrer Schüler überwachen. Daraus einen Vorwurf zu konstruieren, ist absurd.