Die Theater-AG des Bosch-Gymnasiums widmet sich dieses Jahr einem biblischen Stoff: Jesus. Konkret seinen sieben verschiedenen Seiten, wie sie im Lukas-Evangelium dargestellt werden.

Gerlingen - Zeitliche Logik ist anders. Zuerst begleiten die Zuschauer die Jünger in das Dorf Emmaus – wenige Tage nach Ostern, als Jesus am Kreuz starb. Dabei treffen sie ihren Meister, erkennen den Auferstandenen aber erst sehr spät. Dann wird mit viel Volk die Verurteilung und Kreuzigung dargestellt. Worauf, in historisch korrekter Abfolge eigentlich zuvor, sich die schwangere Maria mit Elisabeth unterhält. Es folgen Szenen aus Jesu Leben: in Nazareth, als Sämann, mit dem Zöllner Zachäus, sowie das letzte Abendmahl mit den zwölf Jüngern.

 

Die Theater-AG des Gerlinger Robert-Bosch-Gymnasiums verwandelt mit ihren Szenen aus dem Lukas-Evangelium die Lukas-Kirche in ein Theater. Diese Idee wolle er seit 20 Jahren verwirklichen, erzählt der Regisseur Michael Volz. Er überrascht jedes Jahr mit einem Stoff, der es in sich hat. Jetzt ist er aus der Bibel. Volz nutzt dramaturgische Effekte, zum Beispiel die Rückblende, aber nicht um des Effektes willen.

Das Stück soll kein Religionsunterricht sein

„Das Lukasevangelium und die Bibel insgesamt sind ganz große Literatur“, sagt der Oberstudienrat, der katholische Religion und Französisch unterrichtet – der aber mit dem Stück „Sieben Gesichter Jesu“ nicht predigen will. Es solle eine „gegen den Strich gebürstete Auseinandersetzung mit dem Glauben“ sein, berichtet Volz in einer Probenpause. Da toben sich seine Schauspieler, die Jüngsten sind gerade zwölf, auf dem Kirchplatz aus. Und der Mann, der sich schon mit Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“, mit den Gerlinger Missionaren oder der NS- und KZ-Zeit im Ort beschäftigt hat, hält inne. Er mache mit diesem Stück keinen Religionsunterricht, sagt er und ergänzt: „Ich lege es nicht auf einen missionarischen Effekt an.“ Volz hat akzeptiert, dass sich einige Schüler zu Beginn dieses Theater-Projekts abmeldeten – wegen des Stoffes.

Diejenigen, die geblieben sind, gehen voll in ihren Rollen auf – ob sie zum fünften Mal oder ganz neu dabei sind. Zum Beispiel die sechs jungen Leute, die ganz verschiedene Jesus-Typen darstellen. Jakob Volz spielt den Gekreuzigten. „Das ist kein Spiel“, sagt der 17-Jährige, „Theaterspielen ist anstrengend.“ Die Älteren würden versuchen, ihre Erfahrung den Jüngeren zu vermitteln. Das Jesus-Stück sei zwar anspruchsvoll, „Hinterm Berg“ vom vergangenen Jahr über das KZ aber sei „krasser und schwieriger zu fassen“ gewesen.

Das Stück verzichtet weitgehend auf Requisiten

Marlene Tritschler ist erst 15, spielt aber schon zum dritten Mal mit, und sie übernimmt auch einen Part als Regieassistentin. „Ich habe mich schon immer gerne verkleidet“, erzählt sie, das fasziniere sie, und sie habe bereits zwei Praktika an Theatern absolviert. Der für das ganze Stück geltende weitgehende Verzicht auf Requisiten hat sie in der Regie wie als Schauspielerin gefordert. Da musste sie den Schwangerschaftsbauch Marias darstellen. Was tun? Die beiden vor dem Körper stets gerundeten Arme sollen der pantomimische Ersatz für das sonst übliche Kissen sein. Und die Kirche als Theatersaal? „Ungewohnt und am Anfang ein bisschen seltsam.“

Auch Sarah Wenninger, 14, hat sich mit ihrer Rolle des Jesu als Sämann auseinander gesetzt. „Mir persönlich bedeutet Jesus nicht sehr viel“, sagt sie, deshalb sei die Aufgabe eine Herausforderung. „Viele Leute haben Jesu als Retter und Erlöser im Kopf“, sie müsse ihn fies darstellen – weil nur ein Viertel seiner verteilten Saatkörner gut sei. Und sie müsse predigen – „da bin ich in einer eigenen Welt“. Die Theater-AG sei für sie „nicht wirklich Schule“, sondern eine gerne erlebte Freizeitaktivität.

Die Theatertruppe hat ihre Proben vor Ostern fast abgeschlossen. Premiere ist aus terminlichen Gründen erst am Himmelfahrtstag. Aber auch das passt: Dem Evangelium nach entschwand Jesu wenige Tage nach Ostern. Die Besucher sollen nach dem Schlussapplaus übrigens die Kirche nicht einfach so verlassen und nach Hause gehen – sie sollten sich für das „Danach“ ein wenig Zeit nehmen. Als „Rausschmeißer“ planen die Theaterleute etwas Besonderes. Nicht nur mit zwölf Teilnehmern.