Turnierchef Gotthilf Riexinger scheidet nach 32 Jahren in vorderster Front aus dem Amt bei den German Masters. Im Interview von den spannendsten Turnieren, der Verabschiedung von Gigolo und welche Eigenschaften ein erfolgreicher Turnierchef benötigt.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)
Herr Riexinger, wie haben Sie Ihr letztes Stuttgarter Turnier als Turnierchef erlebt?
Wie immer, einmal abgesehen von der Verabschiedung durch die Reiter und die Stadt Stuttgart. Ich habe den Charakter, stets alles zu geben – und ich wollte alles mit einem brillanten Turnier zu Ende bringen. Das ist, denke ich, gelungen. Wir hatten selten so ein gutes Teilnehmerfeld wie 2016, und es hat mir noch einmal richtig Spaß gemacht.
Der Abschied fällt bestimmt schwer.
(Überlegt) Eigentlich nicht. Nach mehr als 30 Jahren ist man auch mal müde, das muss man sich eingestehen. Sicher ist auch Wehmut dabei: Die Veranstaltung ist wie ein Kind, das man geboren und großgezogen hat, und dabei gab es schwierige Phasen, bis das Kind laufen gelernt hatte – am Ende haben wir es mit diesem Turnier auf ein ganz hohes Niveau gebracht.
Sie wollten erst nächstes Jahr aufhören, wenn Sie 70 werden.
Ursprünglich bestand sogar der Plan, nach der 30. Auflage im Jahr 2014 aufzuhören, aber damals waren wir organisatorisch noch nicht so weit. Nun ist definitiv Schluss.
Welches war das herausragende Turnier?
Mein Gedächtnis funktioniert noch – es gab viel Außergewöhnliches. Da ist das erste Turnier natürlich, bei dem wir von der hervorragenden Unterstützung von Dr. Reiner Klimke profitiert haben. Wir haben schon früh Maßstäbe gesetzt und damit die deutsche und ausländische Turnierlandschaft geprägt. Stuttgart ist oft kopiert worden, und das meine ich nicht negativ, sondern positiv. Denn man kopiert nur Gutes. Dann gab es auch viele emotionale Höhepunkte . . .
. . . die Verabschiedung von Gigolo.
Ja, da sind ja sogar mir die Tränen gekommen. Wir haben es damals sogar geschafft, den heutigen IOC-Präsidenten Thomas Bach die Laudatio halten zu lassen. Damals wusste noch keiner, welche Funktionärskarriere er machen würde – aber wir hatten, wie oft, den richtigen Riecher, wenn es darum ging, Höhepunkte zu setzen. Das waren auch Highlights meiner Karriere als Turnierchef.
Welche Eigenschaften benötigt ein erfolgreicher Turnierchef? Ich habe gelesen, Sie seien hart und gnadenlos gegen andere und auch sich selbst.
Zunächst muss man verrückt sein (lacht). Man muss ein Macher sein, und das habe ich wohl in den Genen. Mein Vater hat einen Reitverein aufgebaut, da habe ich früh erfahren, was Anpacken heißt. Ich habe mich im Landesverband hochgearbeitet, bin früh internationaler Dressurrichter geworden, weil ich Durchsetzungsvermögen hatte. Ich hatte mir schnell den Ruf erworben, eine Respektsperson zu sein. Natürlich muss man auch hart sein, das meine ich nicht im negativen Sinn, sondern im Sinne einer klaren Linie. Auch in Stuttgart war nicht immer alles lieb und nett, es hat auch gerumst – aber nur, weil wir darum gerungen haben, etwas Neues zu schaffen oder etwas zu verbessern.
Ein positives Reizklima nennt man das.
Ja, ich erinnere mich an die Anfangsjahre. Da war Messechef Rainer Vögele der Initiator, der mich nach Stuttgart geholt hat. Er war ein Visionär – aber nur so kann es gehen. Ich glaube nicht, dass man dasselbe heute noch einmal schaffen würde.
Wobei haben Sie in den Jahren dazugelernt?
Ich bin mit meiner Aufgabe in Stuttgart als Mensch gewachsen. Durch dieses Turnier wurde ich international noch mehr anerkannt, bin in das Dessage-Komitee der FEI (Welt-Reitverband, d. Red.) aufgestiegen und durfte, als bislang einziger Württemberger, bei den Olympischen Spielen 2008 die Dressur richten. Es ist eine Wechselwirkung: Viele Menschen im Ausland schätzen dieses Turnier aufgrund meiner Funktion hier, die FEI hat aus diesem Grund in Stuttgart viele Kurse ausgerichtet.