Germanuskirche in Malmsheim Bilder sagen mehr als Worte

Hinter den Türen der Germanuskirche Malmsheim finden sich unerwartete Schätze.
Renningen - Die meisten Kirchen haben viele Türen – und viele Wege, um dorthin zu gelangen. Türen vorne und an den Seiten, oft noch kleine Hintereingänge, und der Weg zum Gotteshaus ist zu allen Seiten hin offen. Bei der historischen Germanuskirche in Malmsheim sieht das nicht anders aus – heute jedenfalls. Aber das war nicht immer so. Denn das stattliche Gebäude mitten im Ortskern war ursprünglich eine Wehrkirche – mit bis zu 1,50 Meter dicken Wänden. Der Kirchhof selbst war von hohen Mauern umgeben, und nur ein Weg führte hinein. In der Germanuskirche fanden die Menschen Zuflucht, wenn ihr Dorf angegriffen wurde. Dann wurden die Türen geschlossen, und die Feinde blieben draußen. „Ansonsten war es eine ganz normale Dorfkirche, in der die Menschen sonntags ganz normal zum Gottesdienst gingen“, erklärt der Renninger Stadtarchivar Mathias Graner, der sich intensiv mit der Geschichte der Germanuskirche auseinandergesetzt hat.
Seinen Ursprung hat das Gemäuer im Mittelalter. Erste Malereien, die auf den Sandsteinquadern entdeckt wurden, stammen noch von vor 1250. Damals bestand die Kirche allein aus dem großen Wehrturm. Über die Jahre und Jahrhunderte jedoch wandelte sich das Bild. Die Bedeutung als Wehranlage schwand, Ende des 15. Jahrhunderts wurde ein Kirchenschiff angebaut, das um 1600 nochmals erweitert wurde. Die Sakristei ist sogar noch jünger, berichtet Graner.
Eindrucksvolle Malereien
Die bewegte Geschichte der Germanuskirche ist ihr von außen gar nicht anzusehen – jedenfalls für einen Laien. „Das Besondere ist aber auch nicht ihre äußere Erscheinung, das wirklich Spannende sind die Malereien an der Ostwand des Kirchenschiffs und an der Decke des Chors“, erklärt Graner. Und tatsächlich: Sobald sich die Türen zum Kirchenschiff öffnen und man von innen auf den großen Turm zugeht, blicken einem von den Wänden und Decken die eindrucksvollen Zeichnungen und Malereien aus vergangenen Jahrhunderten entgegen. Die Malereien im Chor sind spätgotisch, sie stammen aus der Zeit etwa um 1450. „Das ist deshalb so außergewöhnlich, weil zur Zeit der Reformation viele Bilder in Kirchen zerstört wurden.“
Die Strömung der Reformatoren Calvin und Zwingli war damals sehr bilderfeindlich, jeder Prunk wurde aus den Gotteshäusern entfernt, Wandgemälde wurden übermalt oder zum Teil mitsamt dem Putz abgerissen. Luther dagegen war bilderfreundlich eingestellt. Sein Einfluss muss in Malmsheim stärker vorgeherrscht haben, sodass ein großer Teil der Wandzeichnungen erhalten geblieben ist. Zum Vorschein kamen sie allerdings erst wieder durch aufwendige Restaurierungen im 20. Jahrhundert.
Jedes Bild erzählt eine Geschichte
Nun sind sie deutlich zu sehen. Männer in einer Reihe, gerichtet auf einen Punkt, der heute nicht mehr existiert, – weil an dieser Stelle irgendwann ein Fenster eingebaut wurde. Zwei Frauen, die sich gegenüberstehen, eine mit geöffneten, die andere mit verbundenen Augen. Und an der Decke sitzen drei Gelehrte, jeder begleitet von einem Engel. Jedes dieser Bilder erzählt eine Geschichte, die sich auf den ersten Blick nicht gleich erschließt.
Mathias Graner kennt ihre Bedeutung: Die Gruppe von Männern, das sind die zwölf Apostel, die die nun nicht mehr zu sehende Hostienmühle drehen – als Symbol für die Verwandlung Christi in Brot und Wein. Die Gelehrten, ursprünglich waren es vier, sind die vier Kirchenväter Ambrosius, Hieronymus, Augustinus und Papst Gregor der Große. Und die beiden Frauen sind Ecclesia und Synagoge, Symbole für die christliche und die jüdische Kirche.
Für eine Dorfkirche eine beeindruckende Sammlung. Verantwortlich dafür ist der einflussreiche Abt Wolfram Meiser vom Berg, der Verbindungen zu einer Malmsheimer Adelsfamilie hatte. „Damals konnte ja kaum jemand die Bibel lesen und verstehen“, so Graner. „Mithilfe solcher Malereien wollte der Abt den Leuten sein theologisches Programm und die Lehren der Bibel vermitteln.“
Führungen
: Wer selbst mal einen Blick in die Germanuskirche werfen und sich ihre Geheimnisse und Besonderheiten erklären lassen möchte, kann sich mit dem Stadtarchivar Mathias Graner in Verbindung setzen, Telefon 0 71 59 / 92 47 87, E-Mail mathias.graner@renningen.de.
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