Gernot Gruber holt bei der Landtagswahl im Wahlkreis Backnang 19 Prozent – und sammelt mehr Stimmen als jeder andere Sozialdemokrat im Land. Was ist der Grund für diesen Erfolg?

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Backnang - Am Sonntagabend hat sich der Backnanger SPD-Abgeordnete Gernot Gruber, sonst eher nicht als emotionaler Vulkan bekannt, für seine Verhältnisse kaum noch im Zaum halten können. Das Ergebnis, das sich da gerade für ihn abzeichne, sei „unerwartet stark und mehr als erhofft“, sagte er kurz vor dem Auszählungsende mit leicht euphorischem Unterton in der Stimme, und fügte nach kurzem Nachdenken hinzu: „Mit dem Ergebnis meiner Partei kann ich nicht zufrieden sein.“

 

Nur zwei holten mehr Prozente

Während die SPD im Land auf einen weiteren historischen Tiefstwert zurückfiel, legte Gruber auf sein schon vor fünf Jahren überdurchschnittliches Ergebnis noch einmal mehr als drei Punkte drauf: 19,0 Prozent, nur der Spitzenkandidat Andreas Stoch und der Mannheimer Stefan Fulst-Blei holten für die SPD ein besseres relatives Ergebnis. In absoluten Zahlen ist Gruber sogar der Stimmenkönig seiner Partei: Genau 11 274 Wähler machten ihr Kreuzchen bei ihm. Wäre nur in der Großen Kreisstadt Backnang gewählt worden, wäre Gruber der erste Kandidat auf den Posten des Ministerpräsidenten gewesen.

Wie kommt es zu diesen ungewöhnlich guten Werten? „Ich denke, das ist die Anerkennung für meine politische Arbeit in den vergangenen zehn Jahren“, sagt der Mann, der mit 58 zwar Seniorenklasse, aber immer noch ein ambitionierter Langstreckenläufer ist. Möglicherweise ist aber genau diese sportliche Eigen- und Leidenschaft tatsächlich der Schlüssel für seinen persönlichen politischen Erfolg.

Lesen Sie hier: Gernot Gruber im Porträt

Gruber ist keiner, der im Sprint vorauseilt, aber er bleibt mit Leidenschaft und Ausdauer dran an Themen, die er für wichtig hält. Im Kreistagsgremium hat das nicht nur der frühere Landrat Johannes Fuchs bisweilen zu spüren bekommen, als es um die Neubauentscheidung für das Kreiskrankenhaus in Winnenden ging. Das Stichwort „Case-Mix“ und die Rechnungen, die der Versicherungsmathematiker dazu regelmäßig aufgemacht hat, erzeugt wahrscheinlich noch heute reflexartiges Stirnrunzeln bei manchem Mitstreiter im Gremium. Das aber ist Gruber egal, wenn es der Sache dient – wenngleich es in diesem Fall nicht für die Erhaltung des Backnanger Hospitals gereicht hatte. Auch in Sachen Murrbahnausbau oder Zugunpünktlichkeit kann der Mann, der eigentlich alles andere als ein Vordrängler ist, nachhaltig nerven – in leisem Ton und auf sachlicher Ebene.

Spontane Gratulation von der FDP

Das scheint bei einem Teil der Wähler angekommen sein, die sich nicht für die Partei, sondern die Person entschieden haben. Und nicht nur bei Ihnen. So war es dem Kernener FDP-Kreisvorsitzenden Jochen Haußmann, von der Backnanger Lokalzeitung zum Abschneiden der örtlichen Kandidatin der Liberalen befragt, offenkundig ein Bedürfnis, sich auch zu seinem Landtagskollegen zu äußern: „Ich möchte ganz herzlich Gernot Gruber zu seinem tollen Ergebnis beglückwünschen.“